Zu Hause

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vom 07.04.2015, L 6 U 11/15

Die Fahrten zur und von der Arbeitsstelle stehen unter dem Versicherungsschutz der Gesetzlichen Unfallversicherung. Ereignet sich auf diesen Wegen ein Unfall, werden die Leistungen erbracht, die der Leistungskatalog der Gesetzlichen Unfallversicherung vorsieht. Auch Fahrten, in denen für die Arbeitswege eine Fahrgemeinschaft gebildet wird, sind gesetzlich unfallversichert.

In einem Beschwerdefall hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt allerdings den Unfallversicherungsschutz verneint, in dem ein Arbeitnehmer bereits zu Hause angekommen ist, allerdings mit seinem Auto nochmals zur Firma fuhr, um einen Arbeitskollegen nach Hause zu fahren. Die Entscheidung hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt am 07.04.2015 unter dem Aktenzeichen L 6 U 11/15 getroffen.

Der Sachverhalt

Der Arbeitnehmer hatte am Unfalltag seine Arbeit im Lager beendet und ist zu Fuß nach Hause gegangen. Diesen Weg legt der Arbeitnehmer gewöhnlich zu Fuß zurück, da er nur zirka 500 Meter lang ist. An seiner Wohnung hatte er sein Auto geholt und ist zur Firma zurückgefahren um dort seinen Kollegen zu holen und nach Hause zu fahren. Der Kollege hatte weder einen Führerschein noch konnte er um diese Uhrzeit öffentliche Verkehrsmittel nutzen.

Nachdem er seinen Kollegen nach Hause gefahren hatte, fuhr er wieder nach Hause, wo sich der Unfall ereignete. Bei dem Unfall wurde er aus seinem Auto geschleudert und hat sich dabei ein Polytrauma mit langfristigen Folgen zugezogen.

Der zuständige Unfallversicherungsträger lehnte es ab, den Unfall als Wegeunfall im Sinne der Gesetzlichen Unfallversicherung anzuerkennen. Dies wurde damit begründet, dass auf dem Unfallfragebogen angegeben wurde, dass nicht ein Arbeitskollege, sondern ein Bekannter nach Hause gefahren wurde. Auch lag für das Abholen und Nach-Hause-Bringen keine dienstliche Anweisung des Arbeitgebers vor. Die Fahrzeit wurde von der Firma auch nicht als Arbeitszeit anerkannt. Nach der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers endete der Versicherungsschutz zu dem Zeitpunkt, als der Arbeitnehmer das erste Mal zu Hause gewesen war (Ankunft zu Hause) um dort sein Auto abzuholen. Alles was danach geschah, muss dem persönlichen Wirkungskreis zugerechnet werden. Ein weiteres Indiz, welches das Vorliegen eines Wegeunfalls ausschließt ist, dass der Unfallschaden nicht von der Versicherung des Arbeitgebers beglichen wurde.

Nachdem der Unfallversicherungsträger seinen Widerspruchsbescheid erlassen hat, wurde Klage beim Sozialgericht mit Antrag auf Prozesskostenhilfe. Nachdem die Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, wurde hiergegen Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt, weshalb dieses Gericht über den Sachverhalt entscheiden musste.

Auch Landessozialgericht verneint Wegeunfall

Auch das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat am 07.04.2015 (Az. L 6 U 11/15) das Vorliegen eines gesetzlichen Wegeunfalls verneint, da sich der Beschwerdeführer während des Autounfalls in keiner (nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) versicherten Tätigkeit befunden hatte.

Als Gründe führte das Landessozialgericht aus, dass mit der Fahrt keine betrieblichen Pflichten erfüllt worden seien. Seine Firma hatte ihn keine Anweisung zum Transport des Kollegen gegeben.

Die Fahrt konnte auch nicht als Fahrgemeinschaft angesehen werden, für die regelmäßig ein Unfallversicherungsschutz besteht. Nach der gesicherten Rechtsprechung endet der unfallversicherte Arbeitsweg mit dem Erreichen und Durchschreiten der Haustüre. Die Lösung vom versicherten Arbeitsweg hat bereits mit dem Einstieg in das Auto geendet, da dieses zur Zielerreichung nicht mehr nötig war.

Hinweise

Bei der Entscheidung hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt unter anderem angeführt, dass auf dem Unfallfragebogen angegeben wurde, der Arbeitnehmer hat einen „Bekannten“ nach Hause gefahren. Dies war ein Grund, den Kollegen nicht als solchen einzustufen, weshalb bereits aus diesem Grund kein Wegeunfall vorgelegen haben kann. So wurde begründet, dass damit ein „Arbeitskollege“ fernliegt, wegen dem sich letztendlich der Unfall ereignet hat.

Auch wurde in dem Unfallfragebogen angegeben, dass seitens des Arbeitgebers eine „Bitte“ vorlag, den Arbeitskollegen nach Hause zu fahren. Dies war ein Indiz dafür, dass damit seitens des Arbeitgebers auch eine Ablehnung dieser „Bitte“ zulässig war, weshalb es sich bei dem Anliegen um keine dienstliche Anordnung handelte. Auch dies war ein Indiz gegen das Vorliegen eines Wegeunfalls.

Beim Ausfüllen eines Unfallfragebogens, welcher regelmäßig zur Ermittlung des Sachverhaltes von den Unfallversicherungsträger nach einem Unfall verschickt wird, sollte daher zwingend auf die Begrifflichkeiten geachtet werden!

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