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Stewardess

Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 20.09.2012, Az. 6 U 2770/12

Ob ein Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung gegeben ist, hängt immer davon ab ob die Tätigkeit, bei der der Unfall passiert, eine rechtlich bezeichnende Beziehung zur betrieblichen Tätigkeit am auswärtigen Dienstort aufzeigt, wodurch die Annahme eines inneren Zusammenhangs gerechtfertigt ist. Der Unfallversicherungsschutz entfällt in aller Regel, wenn der Verunfallte sich einer rein persönlichen Tätigkeit widmet, die mit seiner betrieblichen Tätigkeit nicht mehr wesentlich zusammenhängt. So ist eine Stewardess nach einem Toilettenbesuch, auf dem Weg zurück in Ihr Hotelzimmer nicht unfallversichert, wenn sie keine Rufbereitschaft mehr hat. Außerhalb der Rufbereitschaft besteht also in jedem Fall kein Versicherungsschutz.

Zum Fall

Es geht hier um den Fall einer Flugbegleiterin bei der Deutschen L. Aktiengesellschaft, die sich nach der Landung in Berlin, vom 08.08.2008 bis zum Neustart am 10.08.2008 im Crewhotel aufhielt. Für die Zeit des sogenannten Layovers hatte sie keine Rufbereitschaft. Bei Änderung im Flugplan oder sonstigen Verschiebungen würde der zuständige Kommandant oder das Hotel informiert worden. Sie sollte dann am 10.08.2008 um 16.00 Uhr durch den Crewbus abgeholt werden um ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen.

Am 10.08.2008 begab sich die Klägerin nach einem Toilettenbesuch im ersten Stock des Crewhotels zurück zu ihrem Zimmer. Auf der untersten Stufe rutschte sie aus und brach sich dabei den Mittelfußknochen, weswegen sie ärztlich behandelt und mit einem Gips versorgt werden musste.

Dieser Unfall wurde von der Berufsgenossenschaft jedoch nicht als Arbeitsunfall anerkannt (Bescheid vom 04.11.2008), da sich die Verunfallte nach Meinung der Berufsgenossenschaft zum Unfallzeitpunkt nicht bei der Ausübung einer versicherten Tätigkeit befunden habe. Der Weg von der öffentliche Toilette des Hotels zum eigenen Zimmer habe nicht in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Flugbegleiterin gestanden, sondern lediglich eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient.

Die Klägerin führte in der Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruches aus, dass der Weg zur Nahrungsaufnahme sehr wohl zu den Verrichtungen zählt, die im ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung stehen. Diesen Widerspruch wies die Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 24.09.2009 zurück.

Das Sozialgericht hatte dann in einer mündlichen Verhandlung am 24.05.2012 die Berufsgenossenschaft dazu verurteilt, den Treppenunfall vom 10.08.2008 als versicherten Arbeitsunfall anzuerkennen.

Gegen dieses Urteil hatte die Berufsgenossenschaft am 28.06.2012 Berufung eingelegt. Sie begründete ihr Anliegen damit, dass sich die Rechtsprechung bei der Anerkennung von Versicherten Arbeitsunfällen speziell nur auf den Gang zur Toilette bezieht und hier der Weg nach dem Toilettenbesuch zur Fortsetzung der Arbeit und deshalb dem mittelbaren Interesse des Arbeitgebers diene. Da die Klägerin unmittelbar vor dem Wege zur Toilette aber keine betriebliche, sondern eine rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, nämlich die Einnahme des Mittagessens im Hotelrestaurant, läge der Sachverhalt hier jedoch anders.

Der Rechtsspruch

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg gab nun in der Entscheidung vom 20.09.2012, Az. 6 U 2770/12 der Berufsgenossenschaft Recht. Es sah es als erwiesen an, dass der Unfall der Klägerin nicht als Arbeitsunfall zu werten sei, das Sozialgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben. Da die Klägerin als Flugbegleiterin tätig ist, fehlt es an einem inneren oder sachlichen Zusammenhang des Ereignisses mit dem Unfall, wobei auch die Tatsache, dass sich der Unfall während einer Dienstreise ereignete, für sich alleine nicht als Begründung für einen rechtlich bedeutsamen inneren Zusammenhang ausreiche. Vielmehr wurde bereits durch das Bundessozialgericht (BSG) ein lückenloser Versicherungsschutz auf Geschäftsreisen, wo der Reisende gezwungen ist, sich an einem fremden Ort in einer fremden Umgebung aufzuhalten, stets abgelehnt. Es ist hierbei immer darauf abzustellen, ob die Unfall verursachende Tätigkeit eine rechtlich bedeutsame Beziehung zur betrieblichen Tätigkeit am fremden Dienstort und somit einen inneren zusammenhang darstellt.

Das Landessozialgericht stellt in seinen Ausführungen eindeutig klar, dass der Versicherungsschutz dann entfällt, wenn sich der Reisende mit rein persönlichen und von seinen beruflichen Aufgaben nicht mehr hauptsächlich beeinflussten  Belangen beschäftigt. Da die Flugbegleiterin ihre weitere Tätigkeit erst über eine Stunde später wieder aufnehmen musste, stellt der Rückweg von der Toilette zu ihrem Hotelzimmer keinen erkennbaren inneren Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit dar. Die Richter waren der Meinung, dass speziell bei Unfällen die in Hotels passieren, es immer darauf ankommt ob sich der Reisende rein mit persönlichen, von der versicherten Tätigkeit nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen beschäftigt, wie es bei der Klägerin der Fall war.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass bei der Klägerin eine rein persönliche Tätigkeit vorgelegen hat. Sie stützen dies auf die Tatsachen, dass die Klägerin nach dem Restaurant die Toilette aufgesucht und wieder in Richtung Restaurant verlassen hat und dass die Treppe, auf der der Unfall passierte nur ins Foyer und nicht direkt in das Zimmer führte. Wichtig und wesentlich ist hier die Unterscheidung zwischen der grundsätzlich „versicherten Tätigkeit“ und der „Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses“, da dies zur Definition des Arbeitsunfalls „infolge“ einer versicherten Tätigkeit erforderlich ist.

Im vorliegenden Fall lässt sich nicht mehr eindeutig nachvollziehen, ob die Klägerin wirklich auf dem Weg zu ihrem eigenen Zimmer war. Eine Rufbereitschaft im Rechtssinne hat eigentlich nicht bestanden. Die Klägerin war trotz des privaten Hintergrundes ihres Weges und durch die Umstände der Dienstreise keiner besonderen Gefährdung ausgesetzt, weshalb auch kein Versicherungsschutz bestand.

Von einer besonderen Gefährdung durch die speziellen Umstände der Dienstreise könne nur dann ausgegangen werden, wenn die besonderen räumlichen Verhältnisse der fremden Übernachtungsstätte den Unfall hauptsächlich hervorgerufen haben, die dem Beschäftigten am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wären.

Auch die Aussage, dass dem Dienstreisenden Versicherten der Unfall nicht passiert wäre, wenn er zuhause geblieben wäre, genügte dem Gericht hier nicht um einen Versicherungsschutz zuzusprechen.

Für die Praxis

Wenn ein Versicherter auf einer Dienstreise eine gefährliche Einrichtung benutzen muss, durch die dann ein Unfall ausgelöst wird, der für sich betrachtet nicht versichert wäre, so geht man dann ausnahmsweise von einem betrieblichen Bezug aus. Dabei ist anzumerken, dass sich die Unfallgefahren, die hier im Zusammenhang bestehen, deutlich von den umfangreichen Gefahren unterscheiden müssen, denen jeder Mensch in seinem normalen Umfeld begegnen kann. Es muss sich hier um eine außergewöhnliche Gefahrensituation handeln, die vom Gängigen abweicht und mit der der Versicherte nicht rechnen kann. Das Ausrutschen auf nassen Fliesen in Saunabädern oder Duschräumen wurde explizit durch das Bundessozialgericht im Urteil vom 18.03.2008 (Az. B 2 U 13/07 A R) als besonderen Gefahrenherd ausgeschlossen, sofern nicht außergewöhnliche Gesichtspunkte dazukommen. Es handelt sich auch dann nicht um besondere Gefahrenquelle, wenn der Versicherte zwar mit gängigen baulichen Einrichtungen regelmäßig umgeht und vertraut ist, selbst aber nicht über eine solche verfügt (BSG-Urteil vom 26.01.1983, Az. 9 b/8 RU 38/81).

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