Illegale Beschäftigung

Unfallversicherungsschutz trotz illegaler Beschäftigung

Der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichtes (LSG) hat jetzt ein Urteil zur Unfallversicherung von abhängig Beschäftigten gefällt, das aufhorchen lässt. Danach steht auch solchen Arbeitnehmern, die ihre Tätigkeit illegal ausüben, der Schutz der Unfallversicherung zu.

In dem Fall, über den die Richter des Landessozialgerichts zu urteilen hatten, handelte es sich um eine schwere Verletzung durch die Einwirkung von elektrischem Strom, den ein Schwarzarbeiter auf einer Baustelle erlitt. Der Serbe war als Tourist und ohne Arbeitserlaubnis nach Deutschland gereist. Er kam bei seinem Onkel unter, der ihm eine Arbeit vermittelte. Hierbei ging es um die Arbeit im Bereich eines Brückenbauwerks im Landkreis Bergstraße. Seine illegale Anstellung brachte dem Mann kein Glück und wohl auch nur wenig Geld, denn bereits am ersten Arbeitstag erlitt er einen schweren Unfall.

Der junge Serbe, der zur Zeit des Unfalls erst 20 Jahre alt war, kam der stromführenden Oberleitung, die die Brücke unterquert, zu nahe. Die Folgen waren für den Arbeiter gravierend und dramatisch. Der Kontakt mit der Oberleitung führte zu schwersten Verbrennungen, die die Ärzte zwangen, dem jungen Mann Gliedmaßen zu amputieren. Bei einem ordnungsgemäß Beschäftigten tritt in solchen Fällen die Berufsgenossenschaft ein. Dies lehnte die Berufsgenossenschaft im Falle des Serben mit dem Touristenvisum jedoch ab. Sie begründete ihre Haltung damit, dass kein reguläres Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Nach Auffassung der Berufsgenossenschaft könne der Mann auch selbstständig tätig gewesen sein, sodass keine Leistungspflicht bestünde.

Urteil des Hessischen Landessozialgerichts, Az. L 9 U 46/10

Gegen diese Auffassung richtete sich die Klage des Serben, der jetzt in Frankfurt am Main wohnt. Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts folgten seiner Sichtweise. Sie verurteilten die Berufsgenossenschaft dazu, den schweren Unfall auf der Brückenbaustelle als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Mit dieser Anerkennung ist auch eine Entschädigung verbunden. In ihrer Begründung nahmen die Richter Bezug auf die Aussagen von Zeugen, die die Arbeit des Mannes am Tage des Unfalls beobachtet hatten. Danach hatte der Mann auf Weisung gehandelt und ausschließlich solche Arbeiten ausgeführt, die ihm von Dritten aufgetragen wurden. Seine notwendigen Arbeitsgeräte und auch die persönliche Schutzausrüstung wurden ihm gestellt. Außerdem war die Entlohnung mit einem festen Stundensatz vorgesehen. Alle diese Punkte widersprechen der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Dass diese offenbar abhängige Beschäftigung ohne einen schriftlichen Arbeitsvertrag ausgeführt wurde, ist nach Ansicht der Richter des LSG ohne Belang. Ob die Beschäftigung des Mannes durch den Bauunternehmer legal oder illegal erfolgte, sei aus Sicht des Unfallversicherungsschutzes ebenfalls nicht relevant. Denn auch derjenige, der bei der Arbeit gegen die Beschäftigungsgesetze verstößt, genießt trotzdem den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das zunächst erstaunlich anmutende Urteil scheint bei näherer Betrachtung konsistent. Denn wer Schwarzarbeiter beschäftigt und dabei ertappt wird, muss nicht nur eine Strafe, sondern rückwirkend auch Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zur Berufsgenossenschaft nachzahlen.

Autor: Daniela Plankl

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