Politik

Bald alle Erwerbstätigen rentenversicherungspflichtig?

Im Rahmen der diesjährigen Sozialrechtstagung die am 27.03. und 28.03.2009 in Bayreuth stattfand, zeigte sich der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, Dr. Herbert Rische hinsichtlich einer Erwerbstätigenversicherung optimistisch. Durchgeführt hat die Sozialrechtstagung die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern und die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, zu der an den zwei Tagen mehrere hundert Rentenexperten gekommen waren.

Die Sozialrechtstagung hatte dieses Jahr „Die Erwerbstätigenversicherung aus ökonomischer und sozialpolitischer Sicht“ zum Gegenstand.

75 Prozent der Selbstständigen ohne Alterssicherung

In dieser Legislaturperiode wird der Gesetzgeber das Thema einer Erwerbstätigenversicherung sicherlich nicht mehr angehen. Dr. Rische zeigte sich allerdings optimistisch, dass das Thema in der nächsten Legislaturperiode den Gesetzgeber intensiv beschäftigen wird. Hierzu führte der DRV-Chef aus, dass mehr als 75 Prozent der selbstständig Tätigen nicht in der Rentenversicherung obligatorisch versichert sind. Weniger als 25 Prozent sind über ein berufsständisches Versorgungswerk oder eine anderweitige Pflichtvorsorge abgesichert. In der Folge droht aufgrund mangelnder Alterssicherung bei den Betroffenen später die Altersarmut.

Beleuchtet wurde auf der Sozialrechtstagung auch die Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer hauptberuflichen Selbstständigkeit. Die Unterscheidung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit fällt zunehmend schwerer. So werden abhängig Beschäftigte immer mehr zu Selbstständigen und Selbstständige immer mehr zu abhängig Beschäftigten. Alleine die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund muss jährlich zwischen 30.000 bis 40.000 Einzelfälle entscheiden.

Lücken im Versicherungsschutz der Erwerbsminderung

Dr. Rische verwies aber auch darauf, dass eine Erwerbstätigenversicherung – also eine Versicherungspflicht für alle Erwerbstätigen – nicht nur eine spätere Altersarmut vermeiden soll. Auch die Absicherung für den Fall einer möglichen Erwerbsminderung ist ein Punkt, der eine Erwerbstätigenversicherung erforderlich macht. So ist bei einem Wechsel von einer abhängigen Beschäftigung zu einer Selbstständigkeit bei den Betroffenen schnell aufgrund der erforderlichen Vorversicherungszeit kein Schutz für den Fall der Erwerbsminderung mehr gegeben. Selbst im Falle einer privaten Absicherung ist meist kein sofortiger Versicherungsschutz in punkto Erwerbsminderung gegeben, da auch hier eine gewisse Versicherungszeit absolviert werden muss.

Dr. Rische zog das Fazit, dass eine Erwerbstätigenversicherung kommen muss und war überzeugt, dass diese durch die Gesetzliche Rentenversicherung durchgeführt werden muss. So wurden beispielsweise technische Probleme angeführt, die sich bei einer Wahlfreiheit zwischen gesetzlicher und privater Rentenversicherung ergeben würden. Hier müsste bei einem höheren angesparten Kapitalstock ggf. ein Kontrahierungszwang für die Privatversicherungen greifen, wenn ein Wechsel zwischen einem Versorgungswerk von einem Selbstständigen vollzogen wird. Auch ein Risikostrukturausgleich zwischen den privaten Finanzdienstleistern wäre zur Verteilung ungleicher Gesundheitsrisiken erforderlich.

Laut Aussagen des Präsidenten der Deutschen Rentenversicherung Bund werden schon seit einiger Zeit mit dem zuständigen Bundessozialministerium (BMAS) Gespräche über eine Reform der Gesetzlichen Rentenversicherung zur Einführung einer Erwerbstätigenversicherung geführt.

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