Pflege

Urteil Hessisches Landessozialgericht, Az. L 1 KR 72/11

Pflegt eine ehrenamtliche Pflegeperson einen Pflegebedürftigen im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung, kann für die Pflegeperson Rentenversicherungspflicht entstehen. In diesem Fall entrichtet dann die zuständige Pflegekasse Rentenversicherungsbeiträge. Dies hat zur Folge, dass sich die späteren Rentenansprüche erhöhen bzw. dass überhaupt ein Rentenanspruch realisiert werden kann. Voraussetzung für die Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson ist unter anderem, dass die Pflege mindestens 14 Stunden in der Woche ausgeübt wird. Zum Umfang der Pflege werden die Grundpflege (Körperpflege, Mobilität, Ernährung) und die hauswirtschaftliche Versorgung gerechnet. Den Pflegeumfang bzw. wie dieser sich auf die vorhandenen Pflegepersonen verteilt, stellt grundsätzlich der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Einzelfall fest.

Das Hessische Landessozialgericht musste nun über einen Streitfall entscheiden, in dem der MDK den erforderlichen Umfang der häuslichen Pflege nicht festgestellt hat.

Die Klage

Geklagt hatte eine Frau, die ihre mittlerweile verstorbene Schwiegermutter gepflegt hatte. Die Schwiegermutter hatte das Pflegegeld nach der Pflegestufe I bezogen. Die Klägerin hatte zunächst bei der Pflegekasse der Schwiegermutter die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen aufgrund der Pflegetätigkeit geltend gemacht. Als die Pflegekasse keine Möglichkeiten der Beitragszahlung sah, ging der Fall zur Entscheidung zum zuständigen Rentenversicherungsträger. Auch die Rentenkasse lehnte die Rentenversicherungspflicht und damit Beitragszahlung ab, da der wöchentliche Pflegeumfang wöchentlich keine 14 Stunden erreichte.

Mit der Entscheidung der Rentenkasse gab sich die Frau nicht zufrieden, da der MDK keine Feststellungen über den konkreten Pflegeumfang getroffen hat. Als Beweis legte sie ein Pflege-Tagebuch vor, mit dem ein Pflegeaufwand von über 14 Stunden wöchentlich bestätigt wurde. Ebenfalls wurde eine Aufstellung über die hauswirtschaftliche Versorgung vorgelegt.

Individuelle Ermittlung des Hilfebedarfs

Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts führten in ihrem Urteil (Az. L 1 KR 72/11) aus, dass der tatsächlich anfallende individuelle Hilfebedarf zu ermitteln ist. Dies ergibt sich aus den Begutachtungsrichtlinien. Im vorliegenden Fall hat der MDK jedoch keine Feststellungen getroffen. Deshalb müssen die Angaben der Klägerin, soweit diese schlüssig sind, herangezogen werden. Unstreitig war der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege im Umfang von 51 Minuten täglich. Hinzu kommt der Hilfebedarf von täglich einer Stunden und 16 Minuten, welcher für die Hauswirtschaft von der Klägerin erbracht wurde. Damit lag der wöchentliche Hilfebedarf bei mehr als 14 Stunden wöchentlich mit der Folge, dass während der Pflegetätigkeit Rentenversicherungspflicht bestand und durch die Pflegekasse Rentenversicherungsbeiträge zu entrichten sind.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass sich das o. g. Urteil auf den Rechtstand bis 31.12.2016 bezieht. Ab dem 01.01.2017 kam es im Zusammenhang mit der Pflegereform (Pflegestärkungsgesetz II) zu einer vollständigen Neuregelung. Die ab Januar 2017 geltenden Voraussetzungen für die Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson kann unter: Rentenversicherungspflicht von Pflegepersonen ab 2017 nachgelesen werden.

Hilfe durch registrierte Rentenberater

In allen rentenrechtlichen Angelegenheiten stehen registrierte Rentenberater zur Verfügung. Damit können die von den Versicherungsträgern unabhängigen Spezialisten auch in allen Fragen rund um die Rentenversicherungspflicht ehrenamtlicher Pflegepersonen kontaktiert werden.

Die Rentenberater stehen für Beratungsgespräche und die Durchführung von Widerspruchs- und sozialgerichtlichen Klageverfahren (Sozial- und Landessozialgerichte) zur Verfügung.

Kontakt zum Rentenberater »

Autor: Daniela Plankl

Bildnachweis: © Robert Kneschke

Weitere Artikel zum Thema: