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Pflegegeld

Pflegegeld nur dann, wenn Pflege gesichert ist

Das Bundessozialgericht entschied mit Urteil vom 17.12.2009 über eine Klage einer Versicherten, deren Pflegekasse den Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung abgelehnt hatte. Das Urteil wurde unter dem Aktenzeichen B 3 P 5/08 R gesprochen.

Als Tenor des Urteils kann festgehalten werden, dass ein Anspruch auf Pflegegeld nur dann besteht, wenn die Pflegeleistungen – Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung – im erforderlichen Umfang selbst sichergestellt werden. Selbst dann, wenn Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde, die erforderliche Pflege jedoch nur unzureichend oder gar nicht erbracht wird, ist ein Anspruch auf Pflegegeld ausgeschlossen.

Abgelehnte Pflegeleistungen

In dem sozialgerichtlichen Klagefall wollte eine Klägerin, die im Jahr 1923 geboren wurde, Pflegeleistungen gerichtlich durchsetzen. Die Klägerin war früher Beamtin und hat aus diesem Grund einen Beihilfeanspruch von 70 Prozent. Die restlichen 30 Prozent des Versicherungsschutzes werden über eine private Versicherungsgesellschaft abgesichert.

Nachdem ein Antrag auf Pflegeleistungen gestellt wurde, wurden diese von der privaten Versicherungsgesellschaft abgelehnt. Zuvor kamen zwei Gutachter der Medicproof GmbH zu dem Ergebnis, dass der Mindestwert der Grundpflege nicht erreicht wird, der für die Einstufung in die Pflegestufe I (erhebliche Pflegebedürftigkeit) erforderlich ist. Um in die Pflegestufe I eingestuft zu werden, ist ein grundpflegerischer Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten – also mindestens 46 Minuten – täglich erforderlich. Die Medicproof GmbH begutachtet eine evtl. vorliegende Pflegebedürftigkeit analog dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), der die Begutachtungen für die Gesetzliche/Soziale Pflegeversicherung durchführt.

Das Landessozialgericht – die zweite sozialgerichtliche Instanz – gab ein weiteres Gutachten in Auftrag. Im Rahmen dieser Begutachtung wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorliegen. So wurde mit Gutachten vom 18.05.2007 ausgeführt, dass ein grundpflegerischer Hilfebedarf von täglich 61 Minuten besteht. In dem Gutachten wurde ausgeführt, dass der Hilfebedarf aufgrund eines Sturzes am 12.08.2005 und aufgrund einer zunehmenden Sehschwäche zugenommen hatte. Die Beklagte hatte nochmals ein Gutachten erstellen lassen, welches ebenfalls zu dem Ergebnis kam, dass nun aufgrund einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes bzw. Zunahme des Hilfebedarfs die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorliegen. Jedoch kam dieses Gutachten auch zu dem Ergebnis, dass die Pflege durch die Klägerin nicht ausreichend selbst sichergestellt wird. Daher bot die Pflegeversicherung an, die Kosten für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung durch einen professionellen Pflegedienst zu übernehmen. Damit erklärte sich die Klägerin nicht einverstanden und konkretisierte ihr Klagebegehren, dass die Pflegeleistungen in Form der Zahlung von Pflegegeld gewünscht werden.

Die Pflegeperson, die die Klägerin pflegte, war meist nicht täglich zur Pflege erschienen. Die Gutachter beschrieben, dass die Pflegeperson nur sporadisch anwesend war. Als die Pflegeperson sporadisch erschien, hatte sie sich weniger mit der Grundpflege, sondern in erster Linie mit der hauswirtschaftlichen Versorgung befasst. Daher konnte die Sicherstellung der Pflege, welche zur Zahlung von Pflegegeld erfüllt sein muss, nicht bestätigt werden.

Da die Klägerin die von den Gutachtern dargelegten Pflegedefizite bestritt, musste das Bundessozialgericht letztendlich über das Begehren der Pflegebedürftigen entscheiden.

Urteil des Bundessozialgerichts

Da die Klägerin in die Pflegestufe I eingestuft wurde und mit einem Anteil von 30 Prozent privat versichert war, beträgt der grundsätzliche Leistungsanspruch (bis 30.06.2008 betrug das Pflegegeld 205,00 Euro monatlich) 30 Prozent des Pflegegeldes. Dies sind monatlich 61,50 Euro bzw. aufgrund einer Erhöhung der Leistungsbeträge ab 01.07.2008 64,50 Euro.

Ungeachtet dessen, dass die Klägerin die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe I erfüllt, kommt die Zahlung des Pflegegeldes nicht in Betracht.  Die Zahlung des Pflegegeldes kommt nur dann in Betracht, wenn ein Pflegebedürftiger durch geeignete Maßnahmen die benötigten Hilfeleistungen im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung selbst sicherstellt. Die Sicherstellung muss in Selbstbestimmung und Eigenverantwortung und ohne Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen erfolgen.

Umfang der selbst sichergestellten Pflege

Das Bundessozialgericht führte in diesem Zusammenhang aus, dass der Umfang der Pflegetätigkeit sich nach der Pflegestufe richten muss. Dies bedeutet, dass ein Pflegebedürftiger sich die Pflegeleistungen nicht nur in dem Umfang des möglichen Pflegegeldes beschaffen muss. In dem Fall der Klägerin wären dies nur Pflegeleistungen im Umfang von 61,50 bzw. 64,50 Euro.

Ein Pflegebedürftiger, der das Pflegegeld beanspruchen möchte, muss sich auch die über das Pflegegeld hinausgehende Pflege selbst beschaffen. Dies deshalb, weil die Pflegeversicherung nur eine Grundsicherung darstellt. Besteht ein über das gezahlte Pflegegeld hinausgehender Bedarf, muss dieser vom Pflegebedürftigen aus eigenen Mitteln gedeckt werden. Das bedeutet, dass ein drohendes Defizit in der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung bei Fehlen fremder Hilfe vom Pflegebedürftigen selbst vollständig und kontinuierlich ausgeglichen werden muss. Hierzu ist gegebenenfalls auch der Einsatz sonstiger Einkünfte bzw. des Vermögens einschließlich etwaiger Sozialhilfeleistungen erforderlich.

Die Klägerin konnte daher das Pflegegeld nicht zugesprochen werden. Auch die Begründung, dass das Pflegegeld nur relativ gering ist, genügt wegen der unzureichend erbrachten Pflege nicht.

Hinweis

Der Rechtsstreit wurde zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen nochmals an das Landessozialgericht zurückgewiesen. Von Bedeutung sind in diesem Urteil jedoch die Ausführungen, wann eine Pflege als von einem Pflegebedürftigen sichergestellt gilt bzw. welche finanziellen Aufwendungen ein Pflegebedürftiger erbringen muss.

Um in die Pflegestufe I eingestuft zu werden, muss im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung ein täglicher Hilfebedarf von mindestens 90 Minuten vorliegen. Auf die Grundpflege müssen hiervon mindestens 46 Minuten entfallen. Die Grundpflege, also die Pflege an der Person bzw. am Pflegebedürftigen – umfasst die Körperpflege, die Mobilität und die Ernährung.

Die Pflegekassen stellen die Pflegeleistungen grundsätzlich als Sachleistung zur Verfügung. Das bedeutet, dass die Kosten für einen Sozialdienst/eine Pflegestation übernommen bzw. bezuschusst werden. Haben Pflegebedürftige allerdings ehrenamtliche Pflegepersonen, z. B. Angehörigen, Freunde, Nachbarn usw., die die Pflege übernehmen und sicherstellen können, erhält der Pflegebedürftige einen monatlichen Geldbetrag, dessen Höhe von der jeweiligen Pflegestufe (Pflegestufe I bis Pflegestufe III) abhängt.

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