Arzneimittel

Arzneimittel im Off-Label-Use müssen nicht erstattet werden

Besorgt sich ein Versicherter der Gesetzlichen Krankenversicherung ein Arzneimittel auf Privatrezept, das außerhalb seines Indikationsgebietes angewandt wird, muss die Krankenkasse die Kosten hierfür nicht erstatten. Mit dieser Auffassung lehnte das Bundessozialgericht den Antrag eines Klägers mit Urteil vom 28.02.2008 (Az. B 1 KR 15/07 R) ab.

Off-Label-Use

Off-Label-Use bedeutet, dass Arzneimittel in einem anderen Indikationsgebiet angewandt werden, als für das eine Zulassung vorliegt. So hatte die Klägerin, die bereits seit dem Jahr 2002 (schon im Jahr 1990 traten neurologische Störungen auf) an Multipler Sklerose (MS) erkrankt ist, von ihrem behandelnden Arzt die Empfehlung bekommen, sich mit dem Fertigarzneimittel Venimmum behandeln zu lassen. Die Empfehlung wurde deshalb ausgesprochen, da die Klägerin erst eine kurze Zeit davor entbunden hatte und die zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassenen Interferone und das Arzneimittel Copaxone nur mit einer zeitlichen Verzögerung wirkt. Darüber hinaus konnten Beeinträchtigungen des Kindes während der Stillphase erwartet werden.

Das Fertigarzneimittel Venimmum gehört zur Gruppe der Immunglobuline und ist für die Behandlung einer Multiplen Sklerose nicht zugelassen. Daher handelt es sich in diesem Fall um ein Arzneimittel, das im Off-Label-Use angewandt wurde.

Erst während der Behandlungsphase mit dem Fertigarzneimittel Vinimmum kontaktierte die Versicherte ihre Krankenkasse und beantragte dessen Kostenübernahme. Doch die Krankenkasse lehnte eine Kostenübernahme ab, weshalb die Versicherte den Klageweg beschritt.

Zunächst hatte Versicherte Erfolg

Die Versicherte hatte sowohl in der ersten und zweiten sozialgerichtlichen Instanz Erfolg. Das zuständige Sozialgericht und das Landessozialgericht verurteilten die Krankenkasse zur Kostenübernahme für das Fertigarzneimittel Venimmum. Doch gegen diese Urteile legte die Krankenkasse Revision zum Bundessozialgericht ein.

Lesen Sie hier die Entscheidung des Landessozialgerichts: Kasse muss MS-Therapie mit Immunglobulinen übernehmen

Bundessozialgericht gab Krankenkasse Recht

Das Bundessozialgericht hob die Urteile des Sozial- und Landessozialgerichts auf und bestätigte mit Urteil vom 28.02.2008 (Az. B 1 KR 15/07 R), dass die Krankenkasse für die Kosten des privat verordneten Arzneimittels nicht aufkommen muss. Ein Kostenerstattungsanspruch steht Versicherten nur dann zu – so das höchste Sozialgericht – wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und deshalb dem Versicherten Kosten entstanden sind.

Da die Klägerin erst während der Behandlungsphase mit dem nicht für MS zugelassenen Fertigarzneimittel die Krankenkasse um Kostenübernahme gebeten habe, konnte eine Umstellung auf ein alternatives Arzneimittel nicht mehr erfolgen. Daher ist die Verweigerung der Kostenübernahme nicht ursächlich dafür, dass der Versicherten Kosten entstanden sind.

Keine arzneimittelrechtliche Zulassung

Die Bundessozialgericht hat auch darauf hingewiesen, dass die Ablehnung von Venimmum durch die Krankenkasse zu Recht erfolgt ist. Da das Fertigarzneimittel nicht für die Behandlung der Multiplen Sklerose zugelassen ist, hätte die Krankenkasse die Kostenübernahme ablehnen dürfen.

Eine Kostenübernahme für ein Arzneimittel im Off-Label-Use ist nur dann möglich, wenn eine begründete Aussicht besteht, dass mit dem – außerhalb seines bestimmungsgemäßen eingesetzten – Präparat ein Behandlungserfolg erzielt werden kann. Dazu müssten jedoch Forschungsergebnisse vorliegen, mit denen eine Zulassung des konkreten Arzneimittels für die betreffende Krankheit erwartet werden kann. Das ist dann der Fall, wenn entweder klinische Studien vorliegen oder Erkenntnisse bekannt sind, die über den Behandlungserfolg eine zuverlässige Aussage zulassen.

Da für den Einsatz des Fertigarzneimittels Venimmum weder Forschungsergebnisse noch aussagekräftige klinische Studien vorliegen, bekräftigte dies die Entscheidung der Richter des Bundessozialgerichts.

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