Brust-OP

Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 04.09.2019, Az. L 16 KR 73/19

Brustentfernung wegen Krebsangst – Krankenkasse muss Kosten nicht tragen

Das Thema Brustkrebs bewegt besonders Frauen. Immer häufiger spielen Frauen auch mit dem Gedanken sich vorsorglich das Brustgewebe entfernen zu lassen, um nicht an Brustkrebs zu erkranken. Besonders Frauen, die erblich vorbelastet sind oder bereits Knoten in der Brust hatten, leiden unter der psychischen Belastung. So auch im Fall einer 45-jährigen Frau, die eine Ablehnung der Kostenübernahme durch ihre Krankenkasse nicht hinnehmen wollte. Nun fällte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen sein Urteil, welches durchaus nicht nur für die Klägerin Relevanz aufweist.

Die Vorgeschichte

Eine in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Frau wollte sich aus Angst vor Brustkrebs die Brustdrüsen entfernen lassen und anschließend eine Rekonstruktion durch Silikonimplantate vornehmen lassen. Dieser Wunsch entstand aufgrund ihrer Krankengeschichte, denn bei der 45-jährigen sind bereits wiederholt gutartige Knoten – sogenannte Fibroadenome – aufgetreten. Aufgrund dessen litt die Frau an Angstzuständen und Depressionen. Die Krankenversicherung der Frau lehnte eine Brustentfernung und eine Rekonstruktion ab. Dies erfolgte mit dem Hinweis, dass gutartige Knoten nur überwacht werden müssen, jedoch kein Operationsbedarf besteht.

Die Frau aus der Nähe von Bremen führte hingegen an, dass die wiederholt aufgetretenen Knoten für sie eine erhebliche psychische Belastung bedeute. Gerade die Unsicherheit, ob sich aus den vorhandenen Knoten ein bösartiger Tumor gebildet haben könnte, sorge bei ihr für einen erheblichen Leidensdruck. Ihre ausgeprägte Krebsangst (Karzinophobie) ließe sie nicht mehr zur Ruhe kommen. Die Frau hoffte darauf, dass eine Entfernung der Brust durch einen operativen Eingriff ihr die Angst nehmen könnte. Auch Folgebeschwerden hoffte sie, so in den Griff zu bekommen, denn sie fühlte sich stark belastet und setzte all ihre Hoffnungen in die Operation.

Die Urteilsbegründung

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bestätigte mit seinem Urteil (Az. L 16 KR 73/19) die Rechtsauffassung der Krankenkasse. So Urteile der 16. Senat am 04.09.2019, dass eine Operation nicht durch die Krankenkasse getragen werden müsse, da keine medizinische Notwendigkeit bestünde, was durch einen Gutachter entsprechend bestätigt wurde.

Zwar bestätigte das Gericht, dass eine Operation bei bösartigen Erkrankungen oder auch bei einer genetischen Erbbelastung in Betracht gezogen werden muss, jedoch nicht bei gutartigen Knoten. Der Gutachter bestätigte, dass es bei der 45-jährigen Frau weder eine bösartige Erkrankung vorläge noch eine genetische Vorbelastung bestünde. Laut Gutachter sei auch nicht entscheidend, dass die Frau unter ihrer Angst leide, denn psychischer Leidensdrucke rechtfertige keine Operation. Vielmehr wurde mit dem Urteil darauf verwiesen, dass die Krebsangst vorrangig durch eine psychotherapeutische Behandlung behandelt werden müsse. Eine Behandlung psychischer Erkrankungen durch operative Eingriffe komme vom Grundsatz her nicht in Betracht. Zwar können vordergründig betrachtet durch einen chirurgischen Eingriff die Auslöser der Ängste entfernt werden, aber dies sei nicht nachhaltig, während eine professionelle psychotherapeutische Behandlung langfristig hilfreich sei. Die Erlösungshoffnung der Frau könne nicht Gegenstand einer Betrachtung sein.

Das aktuelle Urteil ist wegweisend für viele Frauen, die an einer Krebsangst leiden und eine Operation erwägen. Doch letztlich bestätigte das Gericht die Meinung der meisten Experten, die vor einer Amputation der Brust als Vorsichtsmaßnahme warnen, denn selbst in der Gruppe der Hochrisikopatienten, erkrankt ein Teil der Gruppe ein Leben lang nicht an einem bösartigen Tumor.

Bildnachweis: © DOC RABE Media - Fotolia

Weitere Artikel zum Thema: