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Aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts zur Leistungsbewilligung bzw. Genehmigungsfiktion

Das Bayerische Landessozialgericht hat in seinem Urteil vom 25.04.2016, Az. L 5 KR 121/16 B ER beschlossen, dass eine Leistung automatisch als genehmigt gilt, wenn eine Krankenkasse nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen über eine Leistung entscheidet. Es tritt damit eine automatische Leistungsgenehmigung bei verspäteter Reaktion der Krankenkasse ein. Wird die Entscheidung durch Krankenkassen aber rechtzeitig erteilt, ist sie gültig, auch wenn sie der Versicherte erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist erhält.

Der Wille des Gesetzgebers ist, dass Krankenkassen über die Anträge auf Leistungen von ihren Versicherten zeitnah entscheiden sollen, weswegen hier mit dem Patientenrechtegesetz eine Frist von drei Wochen festgesetzt wurde. Sollte innerhalb dieser Drei-Wochen-Frist keine Entscheidung erfolgen, gilt der Antrag als genehmigt. Eine Ausnahme gibt es, und zwar wenn der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) zur Entscheidungsfindung herangezogen wird. Dann wird diese Frist auf fünf Wochen verlängert. Hierzu stellen sich natürlich auch einige Fragen. Wann gilt eine Frist als abgelaufen? Muss die Entscheidung dem Antragsteller innerhalb der Frist zugegangen sein oder ist die Entscheidung an sich innerhalb der Frist ausreichend?

Zu diesen Fragen wurden durch das Bayerische Landessozialgericht grundlegende und entscheidende Aussagen getroffen.

Der Versicherte hat den Ablehnungsbescheid nicht erhalten

Ein Versicherter hatte bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für ein bei seiner Erkrankung nicht zugelassenes Arzneimittel beantragt. Die Krankenkasse schaltete den MDK ein, entschied innerhalb von drei Wochen und sandte dem Versicherten den Ablehnungsbescheid zu. Die Auslieferung des Schreibens an den Versicherten wurde durch das Postdienstleistungsunternehmen zwei Tage darauf belegt. Der Versicherte hatte sich einige Tage später an einen Anwalt gewandt, der bei der Krankenkasse um eine Entscheidung für seinen Mandanten nachfragte. Daraufhin versandte die Krankenkasse den Ablehnungsbescheid an den Rechtsanwalt ihres Versicherten, der diesen nach ca. fünf Wochen (ab Antragsdatum) erhielt.

Der Rechtsanwalt berief sich daraufhin auf das Eintreten einer Genehmigungsfiktion:

  1. Die Krankenkasse habe nicht rechtzeitig und fristgerecht entschieden.
  2. Der Bescheid ist seinem Mandanten nicht zugegangen.
  3. Der Bescheid wurde erstmals gegenüber dem Bevollmächtigten bekannt gegeben.

Das mit der Entscheidung im Verfahren auf einstweiligen Rechtschutz beauftragte Sozialgericht gab dem Versicherten Recht und verpflichtete die Krankenkasse zur Kostenübernahme für das beantragte Medikament.

Die Krankenkasse war damit nicht einverstanden und legte Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht ein.

Die Zustellung an den Versicherten zählt nicht zur Entscheidungsfrist

Da das Bayerische Landessozialgericht jedoch anderer Meinung war, hob es das Urteil des Sozialgerichts auf und gab der Krankenkasse Recht, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Versorgung mit dem beantragten Medikament.

Das Gericht führte in seiner Begründung aus, dass keine Genehmigungsfiktion eingetreten ist und die Krankenkasse auch rechtzeitig und fristgemäß über den Antrag entschieden habe.

Entscheidend für eine Genehmigungsfiktion ist nicht der Zugang der Entscheidung beim Versicherten innerhalb der im Gesetz genannten Fristen sondern eine, unter Umständen verspätete, Entscheidung der Kasse. Der Zeitraum den der Gesetzgeber für Versichertenanträge festgelegt habe könne nicht durch Postlaufzeiten verkürzt werden, sondern solle in vollem Umfang für eine entsprechende Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Nur wenn eine Krankenkasse zu spät entscheide, tritt eine Genehmigungsfiktion ein. Eine zeitnahe Zustellung der Entscheidung könne nicht der Krankenkasse angelastet werden, dieses Risiko trage sie nicht.

Hier eine kurze Zusammenfassung des Gesetzestextes zur Leistungsfiktion nach § 13 Abs. 3 a SGB V

Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden....

Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 ... nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet...

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