Rollstuhl

Zweiter Elektrorollstuhl nur in Ausnahmefällen

Die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung haben einen Anspruch auf Hilfsmittel. Dieser Leistungsanspruch umfasst im Einzelfall auch die Versorgung mit einem Elektro-Rollstuhl, sofern dieser im Bereich der Mobilität zum Ausgleich einer Behinderung benötigt wird. Die Versicherten, die bereits mit einem Elektrorollstuhl versorgt sind, können grundsätzlich keinen zweiten Rollstuhl beanspruchen. Nur in Ausnahmefällen muss die Krankenkasse einen zweiten Elektrorollstuhl - also eine Mehrfachausstattung - übernehmen. Das Bundessozialgericht sah mit Urteil vom 19.05.2011 (Az. L 8 KR 310/08) einen Anspruch auf einen zweiten Elektrorollstuhl nur dann, wenn der erste Rollstuhl über einen längeren Zeitraum nicht verfügbar und zudem kein passender Ersatz-Rollstuhl vorhanden ist.

Klage eines Schwerbehinderten

Zu dem Rechtsstreit kam es, weil ein schwerbehinderter Mann aus dem Hochtaunuskreis insgesamt zwei Elektrorollstühle besitzt. Während sich der eine Rollstuhl in Reparatur befand, wurden auch die Reparaturkosten des anderen Rollstuhls geltend gemacht, welche jedoch von der Krankenkasse abgelehnt wurden.

Bereits im Jahr 1999 übernahm die Krankenkasse die Kosten für einen Elektrorollstuhl Allround, da der unter einer spastischen Tetraplegie leidende Mann nicht gehen und auch seinen Kopf nur schwer halten kann. Der Versicherte wohnt in einem Pflegeheim. Der Rollstuhl wurde deshalb von der Krankenkasse gestellt, da dieser individuell angepasst werden musste. Der im Jahr 1999 zur Verfügung gestellte Rollstuhl erfüllte bereits zwei Jahre später nicht mehr die Anforderungen. Daher wurde im Jahr 2001 als Ersatz für den Rollstuhl Allround der Elektrorollstuhl Chairman von der Krankenkasse bezahlt. Dieser Rollstuhl ist mit einer integrierten Aufstehvorrichtung und Joystick-Steuerung ausgestattet. Der Versicherte nutzte seit dem Jahr 2001 beide Rollstühle, überwiegend kam jedoch der Elektrorollstuhl Chairman zum Einsatz. Neben diesen beiden elektrischen Rollstühlen ist der Versicherte noch zusätzlich mit einem Leichtgewicht-Rollstuhl ausgestattet. Diesen Leichtgewicht-Rollstuhl kann er allerdings nur mit Hilfe einer Hilfsperson nutzen, da er seine Hände für die Vorwärtsbewegung nicht einsetzen kann.

Im Jahr 2006 war der neuere Elektrorollstuhl Chairman reparaturbedürftig, aber auch der erste Elektrorollstuhl Allround war defekt. Daher beantragte der Versicherte während der Reparatur seines neueren Elektrorollstuhls zugleich die Reparatur des Elektrorollstuhls Allround. Den älteren Elektrorollstuhl benötigte er während der Zeit, in der der Rollstuhl Chairman sich in Reparatur befand. Die Reparaturkosten für den Elektrorollstuhl Allround lehnte die zuständige Krankenkasse allerdings ab und führte aus, dass er den älteren Elektrorollstuhl zwar behalten kann, die notwendigen Reparaturen dafür selbst bezahlen muss. Zur Klage kam es, weil der neuere Elektrorollstuhl öfters defekt ist und er auf den älteren Elektrorollstuhl zurückgreifen muss. Der Leichtgewichtsrollstuhl ist kein adäquater Ersatz, da er in diesem nicht ohne körperliche Beschwerden längere Zeit sitzen kann.

Zweitversorgung nur im Ausnahmefall

Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts schlossen sich mit Urteil vom 19.05.2011, welches unter dem Aktenzeichen L 8 KR 310/08 gesprochen wurde, der Entscheidung der Krankenkasse an und führten aus, dass eine Zweitversorgung mit einem Elektrorollstuhl nur im Ausnahmenfall möglich ist. Dieser Ausnahmefall war in dem zum entscheidenden sozialgerichtlichen Rechtsstreit nicht gegeben.

Aufgrund dessen, dass der Kläger neben den zwei Elektrorollstühlen über einen Leichtgewichtsrollstuhl verfügt, ist eine ausreichende Mobilität gesichert. Die Hilfeleistungen, die er während der Benutzung des Leichtgewichtsrollstuhls benötigt, sind über die Pflegeleistungen der Pflegestufe III, in die er eingestuft ist, gesichert. Die Nutzung des Rollstuhls ist ihm auch zuzumuten, da dieser eine anatomische Sitzanpassung hat. Auch ist die Nutzung des älteren Elektrorollstuhls aufgrund von Unfallgefahren wegen schwerwiegender Mängel nicht mehr anzuraten.

Die Beurteilung müsste nach Ansicht der Richter anders vorgenommen werden, wenn aufgrund der Reparatur des neuen Elektrorollstuhls der Versicherte über längere Zeit im Bett verbringen müsste. Als längere Zeit definierten die Richter einen Zeitraum von deutlich mehr als vier bis sechs Wochen.

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