Rente

Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte

Die Menschen sollen in Deutschland immer länger arbeiten! Mit dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (s. auch Rente erst mit 67 Jahren) wird die Regelaltersgrenze in den Jahren 2012 bis 2029 von bisher 65 Jahren auf 67 Jahren angehoben.

Neue Altersrente

Mit der Anhebung der Regelaltersgrenze wurde zum 01.01.2012 auch eine neue Altersrente eingeführt: die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Diese Rente kann bereits in Anspruch nehmen, wer 65 Jahre alt ist und eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllt hat. Der Sinn dieser neuen Rentenart ist, dass hier – obwohl diese vor der Regelaltersgrenze beansprucht werden kann – keine Rentenabschläge in Abzug gebracht werden!

Durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz wird die Altersgrenze für die Inanspruchnahme der (abschlagsfreien) Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab Juli 2014 vorübergehend für bestimmte Geburtsjahrgänge auf das vollendete 63. Lebensjahr herabgesetzt.

Anspruchsvoraussetzungen

Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte kann in Anspruch nehmen, wer

  • das 65. Lebensjahr vollendet hat und
  • eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllt.

Wird die Wartezeit von 45 Jahren erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt, kann die Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit dem folgenden Monat, in dem die Wartezeit erfüllt wurde, beansprucht werden.

Altersgrenzen

Grundsätzlich kann die Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit dem vollendeten 65. Lebensjahr beanspruch werden. Allerdings wurde ab Juli 2014 durch die Verbesserungen im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes die Altersgrenze vorübergehend auf das 63. Lebensjahr abgesenkt. Gleichzeitig wird die Altersgrenze wieder schrittweise angehoben, sodass für alle Versicherten der Geburtsjahrgänge ab 1964 wieder die Altersgrenze vom vollendeten 65. Lebensjahr gilt. Für Versicherte der Geburtsjahrgänge ab 1964 gilt dann auch einheitlich die Regelaltersgrenze vom vollendeten 67. Lebensjahr.

Der folgenden Tabelle kann entnommen werden, mit welchem Alter die Altersrente für besonders langjährig Versicherte von den Geburtsjahrgängen 1952 bis 1964 beansprucht werden kann. Hier ist anzumerken, dass sich die Übersicht auf die Inanspruchnahme der Rente ab Juli 2014 bezieht. Es ergeben sich keine Änderungen für Versicherte, die die Altersrente bereits vor Juli 2014 beansprucht haben.

Geburtsjahrgang des Versicherten Anhebung der Altersgrenze um ... Monate

auf das Alter

Jahre                      Monat

bis 1952 0 63 0
1953 2 63 2
1954 4 63 4
1955 6 63 6
1956 8 63 8
1957 10 63 10
1958 12 64 0
1959 14 64 2
1960 16 64 4
1961 18 64 6
1962 20 64 8
1963 22 64 10
ab 1964 24 65 0

Wartezeit

Recht bis Juni 2014

Auf die Wartezeit von 45 Jahren (entspricht 540 Monate) wurden bis Juni 2014 folgende Zeiten angerechnet:

  • Zeiten mit Pflichtbeiträgen einer Beschäftigung,
  • Zeiten mit Pflichtbeiträgen einer selbstständigen Tätigkeit,
  • Zeiten mit Pflichtbeiträgen einer Pflege,
  • Kalendermonate mit Ersatzzeiten,
  • Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zum 10. Lebensjahr und
  • Wartezeitmonate aus einer geringfügigen Beschäftigung.

Nicht angerechnet werden folgende Zeiten:

  • Pflichtbeitragszeiten aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder Arbeitslosenhilfe,
  • Zeiten aus einem Versorgungsausgleich,
  • Zeiten aus einem Rentensplitting und
  • Zeiten mit freiwilligen Beiträgen

Recht ab Juli 2014

Ab Juli 2014 gibt es erweiterte Anrechnungsmöglichkeiten von rentenrechtlichen Zeiten auf die Wartezeit von 45 Jahren.

Folgende Zeiten können nun angerechnet werden:

  • Zeiten mit Pflichtbeiträgen einer Beschäftigung,
  • Zeiten mit Pflichtbeiträgen einer selbstständigen Tätigkeit,
  • Zeiten mit Pflichtbeiträgen einer Pflege,
  • Kalendermonate mit Ersatzzeiten,
  • Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zum 10. Lebensjahr,
  • Wartezeitmonate aus einer geringfügigen Beschäftigung,
  • Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn mindestens 18 Jahre an Pflichtbeiträgen vorhanden sind,
  • Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I (mit Ausnahme der letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn, s. unten) bzw. die früheren Unterhaltsgeldzahlungen,
  • Zeiten des Bezugs von Versicherungsleistungen, die entgangenes Entgelt ersetzen und des Bezugs von Übergangsgeld.

Nicht angerechnet werden folgende Zeiten:

  • Pflichtbeitragszeiten Arbeitslosengeld II oder Arbeitslosenhilfe,
  • eiten aus einem Versorgungsausgleich,
  • Zeiten aus einem Rentensplitting und
  • Zeiten mit freiwilligen Beiträgen, wenn keine 18 Jahre an Pflichtbeiträge vorhanden sind.

Ab Juli 2014 können auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I auf die Wartezeit angerechnet werden. In diesem Zusammenhang wurde allerdings ein rollierender Stichtag eingeführt. Das bedeutet, dass die Arbeitslosengeld I-Bezugszeiten dann nicht zur Anrechnung kommen dürfen, wenn diese zwei Jahre vor dem Rentenbeginn liegen. Sollte der Arbeitslosengeldbezug jedoch Folge einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers sein, kann eine Anrechnung auch innerhalb der letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn erfolgen.

Entfall der Hinzuverdienstgrenzen ab Januar 2023

Bis Dezember 2022 musste von den Beziehern einer „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ eine Hinzuverdienstgrenze beachtet werden, solange noch nicht die Regelaltersgrenze erreicht wurde. Bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze kam es zu einer Anrechnung des Einkommens (Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen) mit einer einhergehenden reduzierten Rentenzahlung.

Die Hinzuverdienstgrenzen wurden mit dem „Achten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ (kurz: 8. SGB IV-ÄndG) für die Zeit ab Januar 2023 komplett aufgehoben. Damit kann die Altersrente für besonders langjährig Versicherte unabhängig von der Höhe des Hinzuverdienstes und unabhängig davon, ob die Regelaltersgrenze bereits erreicht ist, in voller Höhe bezogen werden.

Rechtsprechung durch Landessozialgericht Baden-Württemberg

Dass die letzten zwei Jahre vor Beginn der Rente auf die Wartezeit nicht angerechnet werden dürfen, hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 21.06.2016, Az. L 9 R 695/16 bestätigt. Geklagt hatte ein Versicherter, der in den Jahren 2012 und 2013 Arbeitslosengeld bezogen hat. Da diese Zeit bei der Wartezeit nicht angerechnet wurde, konnte von Kläger ab September 2014 nicht die beantragte Altersrente für besonders langjährig Versicherte, sondern nur die niedrigere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt werden. In dieser Regelung sah der im August 1951 geborene Kläger einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Die Richter des Landessozialgerichts sahen in den gesetzlichen Regelungen keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, ließen allerdings aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundessozialgericht zu.

Der 9. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg führte in seinem Urteil aus, dass der Gesetzgeber mit dem rollierenden Stichtag nicht aus einer „Rente mit 63“ eine faktische „Rente mit 61“ machen wollte. Von diesem Gestaltungsspielraum konnte der Gesetzgeber Gebrauch machen, zumal auch Ausnahmeregelungen zur Vermeidung von Härtefällen getroffen wurden, nämlich dass Arbeitslosigkeitszeiten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn berücksichtigt werden, wenn diese durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers entstanden sind.

Rechtsprechung durch Bundessozialgericht

Die Regelung mit dem rollierenden Stichtag wurde nun auch durch das Bundessozialgericht bestätigt. Mit zwei Urteilen, welche auf den 17.08.2017 datieren (Az. B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R), bestätigten die Richter, dass durch die Regelung weder der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird noch Verfassungsbedenken bestehen.

In einem Klageverfahren hatte ein Versicherter geklagt, der von seinem Arbeitgeber aufgrund einer drohenden Insolvenz gekündigt wurde. Die folgende Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld wurde bei der Wartezeit für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht anerkannt, weshalb dem Kläger insgesamt sieben Monate fehlten. Da der Arbeitgeber zwei Monate nach der Kündigung tatsächlich Insolvenz angemeldet hatte, akzeptierte er die Entscheidung der Rentenkasse nicht.

Das Bundessozialgericht bestätigte, dass die Zeit der Arbeitslosigkeit zu Recht bei der Wartezeit nicht berücksichtigt wurde. Die Kündigung erfolgte nicht aufgrund einer Insolvenz (sondern nur aufgrund einer drohenden Insolvenz), weshalb in diesem Fall die Ausnahmeregelung nicht greift. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass in der Folgezeit der Arbeitgeber tatsächlich Insolvenz angemeldet hat.

In einem weiteren Urteil vom 28.06.2018 hat sich das Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 5 R 25/17 R über die Anrechnung von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn geäußert, wenn diese vor dem 01.07.2014 – also vor dem Inkrafttreten der Änderungen im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes – liegen. Zudem hat sich das Bundessozialgericht in dem Urteil über die vollständige Geschäftsaufgabe geäußert.

Mit dem Urteil vom 28.06.2018 wurde entschieden, dass Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auch dann nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden dürfen, wenn diese vor dem 01.07.2014 liegen. Zeiten der Arbeitslosigkeit dürfen dann jedoch angerechnet werden, wenn der Leistungsbezug von Arbeitslosengeld aufgrund einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt war; hier handelt es sich um von der Ausnahme rückausgenommene Fälle. Wann es sich um eine vollständige Geschäftsaufgabe handelt, ist in den gesetzlichen Vorschriften nicht näher beschrieben. Nach Sinn und Zweck der Norm ist die vollständige Geschäftsaufgabe dann gegeben, wenn das gesamte Unternehmen des konkreten rechtlichen Arbeitgebers wegfällt.

Keine Sperrzeit nach Altersteilzeit

Mit Urteil vom 12.09.2017 beschäftigte sich das Bundessozialgericht mit der Frage, ob das Arbeitsamt eine Sperrzeit verhängen darf, wenn nicht im unmittelbaren Anschluss an die Altersteilzeit die Altersrente beantragt wird. Hintergrund war, dass viele Versicherte mit ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeitarbeit vereinbart haben, um im unmittelbaren Anschluss eine Altersrente zu beziehen. Aufgrund der (vorübergehenden) Absenkung der Altersgrenze für die Inanspruchnahme der abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte mussten oftmals nur wenige Monate überbrückt werden, um nach dem Ende der Altersteilzeitarbeit in den Genuss der abschlagsfreien Rente zu kommen. Aufgrund des Entfalls der Rentenabschläge war dies aus finanzieller Sicht für die Betroffenen ein wesentlicher Vorteil.

Bei Beantragung von Arbeitslosengeld, damit die zeitliche Lücke zwischen dem Ende der Altersteilzeit und dem Beginn der Altersrente für besonders langjährig Versicherte überbrückt wird, darf keine Sperrzeit verhängt werden, wie dies von den Arbeitsämtern praktiziert wurde. Mit Urteil vom 12.09.2017 entschied das Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 11 AL 25/16 R, dass die Situation vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung für die Beurteilung, ob eine Sperrzeit verhängt wird oder nicht, von Bedeutung ist. Durch die Einführung der abschlagsfreien Altersrente ab 63 hat sich für die Betroffenen die Rechtslage deutlich verändert bzw. verbessert, sodass auch keine Sperrzeit verhängt werden dar.

Hinweis: Sollte bereits im Vorfeld durch einen Arbeitnehmer geplant werden, dass zwischen dem Ende der Altersteilzeit und dem Beginn der Altersrente zunächst ein Arbeitslosengeld beantragt wird, um die zeitliche Lücke zu überbrücken, kann eine Sperrzeit verhängt werden. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 25.02.2014 (Az. L 13 AL 283/12).

Tipp

Um den Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte rechtzeitig zu beurteilen, sollte das Rentenversicherungskonto im Rahmen einer Kontenklärung geklärt sein. Nur so kann eine verbindliche Aussage über den möglichen Renteneintritt erfolgen und der weitere Berufsweg bis zur Rente geplant werden!

Hilfe und Beratung

In allen Angelegenheiten der Gesetzlichen Rentenversicherung steht Ihnen der registrierte Rentenberater Helmut Göpfert gerne zur Verfügung. Haben Sie beispielsweise Fragen zur Inanspruchnahme oder Berechnung von Altersrenten, dann kontaktieren Sie den Rentenberater, der unabhängig von den Versicherungsträgern arbeitet und ausschließlich die Interessen seiner Mandanten vertritt.

Hier erhalten Sie auch kompetente Hilfe und Unterstützung in Widerspruchs- und Klagefällen.

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