Arbeitsunfall

Getrennte Beurteilung von Arbeitsunfällen

Mit Urteil vom 07.03.2007 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Az. L 17 U 49/06) entschieden, dass zur Beurteilung der „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE) die Gesundheitsschäden, die auf mehreren Arbeitsunfällen beruhen, getrennt zu beurteilen sind.

Grundsätzliches

Versicherte haben gegenüber dem Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft) Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbstätigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche hinaus um mindestens 20% gemindert ist. Als Versicherungsfälle zählen Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögen ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.

Klagegegenstand

Der Kläger war seinerzeit als Abgrater und Scherenarbeiter beschäftigt. Am 18. September 1998 fiel ihm eine Stahlplatte auf den rechten Kleinfinger, als er eine Exenterpresse einrichtete. Der Arzt diagnostizierte eine Quetschung des rechten Kleinfingers mit Substanzverlust ohne knöcherne Verletzung. Er kürzte den Endgliedknochen operativ um wenige Millimeter, bildete eine neue Fingerkuppe und nähte die Wunde unter Erhaltung des Restnagelbettes. Am 19. Oktober 1998 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf.

Am 25. November 1998 erlitt er einen zweiten Arbeitsunfall, als ihm beim Umbau einer Maschine ein großer Maulschlüssel auf den rechten Daumen fiel. Der Arzt stellte eine Verdrehung (Distorsion) des rechten Daumens fest und äußerte den Verdacht auf einen ellenwärtigen Seitenbandriss. Er legte einen Salbenverband an und stellte den Daumen mit einer Unterarm-Daumen-Gipsschiene ruhig. Ab dem 01. März 1999 war der Kläger wieder arbeitsfähig.

Die Beklagte erkannte den "Teilverlust des rechten Kleinfingerendgliedes" als Folge des (ersten) Arbeitsunfalls vom 18. September 1998 an und lehnte es gleichzeitig ab, dem Kläger Verletztenrente zu gewähren, weil seine Erwerbsfähigkeit um weniger als 10 v.H. gemindert sei. Mit derselben Begründung versagte sie ihm mit bestandskräftigem Bescheid vom selben Tage Verletztenrente wegen des (zweiten) Arbeitsunfalls vom 25. November 1998.

Der Kläger wollte jedoch, dass die beiden Arbeitsunfälle von der Minderung der Erwerbsfähigkeit zusammengerechnet werden um somit 20% MdE zu erlangen.

Urteil

Die Richter entschieden, dass im hier zu beurteilenden Fall die Bildung einer Gesamt-MdE bei zwei Arbeitsunfällen ausscheidet. Vielmehr sind für jeden Arbeitsunfall die MdE und gegebenenfalls Verletztenrente gesondert festzusetzen. Der vollständige Verlust des Daumens im Grundgliedbereich wird im versicherungsmedizinischen Schrifttum mit 20 v.H. eingeschätzt. Bei nur leicht eingeschränkter Gelenkfunktion ist die Daumenverletzung keinesfalls mit einem vollständigen Daumenverlust gleichzusetzen. Der Verlust des Daumens im Endgliedbereich wird im versicherungsmedizinischen Schrifttum sogar teilweise mit einer MdE von 0 v.H angesetzt.

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