Haustüre

Wo der gesetzliche Unfallversicherungsschutz beginnt

Arbeitnehmer sind nicht nur während ihrer beruflichen Tätigkeit versichert. Auch der Weg zur versicherten Tätigkeit und zurück steht unter dem Versicherungsschutz der Gesetzlichen Unfallversicherung. Doch leider regeln die gesetzlichen Vorschriften nicht, wann exakt ein versicherter Arbeitsweg beginnt; vielmehr regelt § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), dass das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit unfallversichert ist. Daher musste die Rechtsprechung diese Gesetzeslücke regeln.

In einem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20.09.2012, welches unter dem Aktenzeichen L 2 U 3/12 gesprochen wurde, wurde der Beginn des unfallversicherten Arbeitsweges in einem absoluten „Grenzfall“ richterlich bestätigt.

Der Unfall auf der Türschwelle

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg musste über einen Unfall entscheiden, den ein Arbeitnehmer an seiner eigenen Türschwelle erlitt. Am 03.06.2008 durchschritt er die Außentüre seines Hauses. Als er die Türschwelle durchschritt und bereits mit einem Fuß im Außenbereich war, blieb er mit dem anderen Fuß an der automatisch schließenden Türe hängen. Er stürzte dabei nach außen und zog sich schwere Knieverletzungen zu. Aufgrund dieser Verletzungen rechneten die Krankenhausärzte sogar damit, dass eine Erwerbsminderung eingetreten ist, welche zu Rentenansprüchen führen kann.

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte es allerdings ab, den Unfall vom 03.06.2008 als gesetzlich unfallversicherten Wegeunfall anzuerkennen. Dabei führte der Versicherungsträger an, dass die Tür noch nicht zum unfallversicherten, sondern zum häuslichen und damit nicht-versicherten Bereich gehört. Nachdem die Ursache, hier der eingeklemmte Fuß, noch im häuslichen Bereich liegt, kann es sich nicht um einen Wegeunfall im Sinne der Gesetzlichen Unfallversicherung handeln, so die Berufsgenossenschaft. Dies gilt auch dann, wenn sich der eigentliche Unfall außerhalb des häuslichen Bereiches ereignete.

Landessozialgericht erkennt Wegeunfall an

Die Richter des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg folgten der Auffassung der Berufsgenossenschaft nicht. Sie bestätigten mit Urteil vom 20.09.2012 (Az. L 2 U 3/12), dass der Arbeitnehmer sehr wohl einen Wegeunfall erlitten hat. Dabei führten die Richter an, dass der Versicherungsschutz nicht erst nach vollständiger Durchschreitung der Außentüre besteht. Irrelevant ist hier, dass der Sturz noch im häuslichen Bereich begonnen hat.

Das Landessozialgericht folgt mit seiner in dem Klagefall getroffenen Entscheidung der Rechtsprechung durch das Bundessozialgericht. Bereits in einem ähnlichen Fall aus dem Jahr 1971 hat das höchste Sozialgericht Deutschlands (Urteil vom 11.11.1971, USK 71157) entschieden, dass der versicherte Weg bereits mit dem Durchschreiten der Außenhaustüre beginnt.

Vielzahl an Fallkonstellationen

Bezüglich des Beginns des versicherten Arbeitsweges gibt es in der Praxis eine Vielzahl von Fallkonstellationen, wozu sich allerdings die Rechtsprechung auch bereits geäußert hat. Dabei ist immer der konkrete Einzelfall zu betrachten.

Grundsätzlich beginnt der gesetzliche Unfallversicherungsschutz beim Zurücklegen des Arbeitsweges mit dem Durchschreiten der Außenhaustüre. Wohnt jemand in einem Mehrfamilienhaus, ist das Treppenhaus – also der Weg zwischen der Wohnungs- und Außenhaustüre noch nicht unfallversichert.

Verlässt jemand sein Haus durch die Außenhaustüre um zur Garage zu gelangen, ist der Weg zwischen Haus und Garage ebenfalls gesetzlich unfallversichert. Hierüber hat das Bundessozialgericht am 27.10.1976 (USK 76146) ein Urteil gesprochen. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Garage aus baulicher Sicht mit dem Wohngebäude verbunden ist und die Garage über eine Verbindungstür aus dem Wohngebäude aus erreicht werden kann. In diesem Fall beginnt nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.05.1988 (USK 8891) der Unfallversicherungsschutz erst mit Verlassen der Garage; in der Garage selbst besteht kein Versicherungsschutz.

Sofern ein gesetzlicher Unfallversicherungsträger eine negative Entscheidung bezüglich der Anerkennung eines Wegeunfalls trifft, sollte diese von einem registrierten Rentenberater überprüft werden. Ggf. kann die Anerkennung eines Versicherungsfalles – wie auch oben geschilderter Fall verdeutlicht – im Rahmen von Widerspruchs- oder Klageverfahren rechtlich durchgesetzt werden.

Registrierte Rentenberater sind Experten, die gerichtlich geprüft wurden und unter der Aufsicht des Amts- bzw. Landgerichts stehen. Die Rentenberater arbeiten unabhängig von den Versicherungsträgern und vertreten damit ausschließlich die Interessen ihrer Mandanten.

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Autor: Klaus Meininger

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