Die Midijobs bis 1.300 Euro

Grundsätzlich teilen sich die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer die Beiträge zur Sozialversicherung jeweils zur Hälfte. Liegt das monatliche Entgelt jedoch zwischen 520,01 Euro und 1.600,00 Euro (Werte ab 01.10.2022), erfolgt die Beitragsberechnung nach dem sogenannten „Übergangsbereich“. In diesem Fall wird das beitragspflichtige Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge rechnerisch reduziert. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer aus einem geringeren Arbeitsentgelt Sozialversicherungsbeiträge entrichtet als er tatsächlich erhält.

In der Zeit bis 30.06.2019 lag die Entgeltgrenze für die „Gleitzone“ (die Bezeichnung wurde ab 01.07.2019 in „Übergangsbereich“ geändert) zwischen 450,01 Euro und 850,00 Euro. In der Zeit vom 01.07.2019 bis 30.09.2022 liegt das Arbeitsentgelt im Übergangsbereich, wenn dieses zwischen 450,01 und 1.300,00 Euro liegt.

Sinn und Zweck der Midijobs/Beschäftigungen im Übergangsbereich

Die Midijobs wurden ab 01.04.2003 im Zuge der „Hartz-Gesetze“ eingeführt. Ziel der damals rot-grünen Regierung war, dass die Sozialversicherungsbeiträge im Niedriglohnbereich gesenkt werden, um (sozial-)versicherungspflichtige Beschäftigungen attraktiver zu machen. Zusätzlich sollte der Anreiz erhöht werden, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Damit sollten vor allem Arbeitslose wieder dem Arbeitsmarkt durch die Aufnahme einer Beschäftigung zugeführt werden.

Ursprünglicher Gedanke war, dass es beim Übergang von einer sozialversicherungsfreien Beschäftigung – also einer Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt von bis zu 450,00 Euro (Minijobs) – und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung keine Gleitzone gab. Sobald ein Arbeitnehmer mit einem Arbeitsentgelt von mehr als 450,00 Euro versicherungspflichtig wurde, entstand die volle Beitragslast in der Sozialversicherung. Die Beiträge stiegen also abrupt von 0,00 Prozent auf etwa 21,5 Prozent an.

Gleitzonenjobs bis 31.12.2012

Der Berechnungsfaktor „F“

Für die Ermittlung des sozialversicherungspflichtigen, also dem fiktiv reduzierten Arbeitsentgelt, kommt für Beschäftigungen, die vor dem 01.01.2012 begonnen haben, folgende Formel zur Anwendung:

Gleitzonenentgelt = F x 400 + (2 – F) x (tatsächliches Bruttoarbeitsentgelt – 400)

Durch diese Formel wird erreicht, dass die Beiträge des Arbeitnehmers linear immer höher werden, je höher das Arbeitsentgelt ist, bis schließlich bei bzw. ab 800,00 Euro das Arbeitsentgelt, aus dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge entrichten, identisch hoch ist.

Der Faktor „F“ in der o. g. Formel wird jährlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Bundesministerium für Gesundheit ermittelt. Folgend ist eine Übersicht, wie hoch der Faktor F war bzw. ist:

Zeitraum Wert
2003 (ab 01.04.) 0,5995
2004 0,5952
2005 0,5952
2006 (ab 01.01.) 0,5967
2006 (ab 01.07.) 0,7160
2007 0,7673
2008 0,7732
2009 0,7472
2010 0,7585
2011 0,7435
2012 0,7491
2013 0,7605
2014 0,7605
2015 0,7585
2016 0,7547
2017 0,7509
2018 0,7547
2019 0,7566
2020 0,7547
2021 0,7509
2022 (bis 09/2022) 0,7509
2022 (ab 10/2022) 0,7009
2023 0,6299
2024 0,6846

Das fiktive beitragspflichtige Arbeitsentgelt (Gleitzonenentgelt) ist auch für die Berechnung der Beiträge relevant, welche vom Versicherten alleine getragen werden müssen. Dies ist beim Beitrag der Sozialen Pflegeversicherung von 0,25 Beitragssatzpunkten der Fall, den Kinderlose ab dem vollendeten 23. Lebensjahr entrichten müssen.

Ob für einen Arbeitnehmer der Übergangsbereich anzuwenden ist, ist anhand des regelmäßigen Arbeitsentgelts zu beurteilen. Das regelmäßige Arbeitsentgelt ist das Entgelt, auf das durch Arbeits-/Tarifvertrag oder dem sogenannten „Gewohnheitsrecht“ ein Anspruch besteht. Dies bezieht sich einerseits auf die laufenden Entgeltzahlungen (Gehalt, Lohn usw.) und die Einmalzahlungen, wie beispielsweise das Urlaubsgeld oder die Weihnachtsgratifikation.

Beispiel:

Das monatliche Gehalt eines Arbeitnehmers beträgt 620,00 Euro. Zusätzlich erhält er noch ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts.

Folge:

620,00 Euro x 12 Monate = 7.440,00 Euro + 620,00 Euro Weihnachtsgeld = 8.060,00 Euro. 8.060,00 Euro / 12 Monate = 671,67 Euro.

Folglich ist für den Arbeitnehmer die Gleitzonenregelung anzuwenden.

Gleitzonenjobs ab 01.01.2013

Dadurch, dass die Minijobgrenze ab dem 01.01.2013 von 400,00 Euro auf 450,00 Euro angehoben wurde, wurde auch die Midijobgrenze angehoben. So handelt es sich bei Beschäftigungen, welche ab dem 01.01.2013 beginnen, um Midijobs, wenn sich das Entgelt zwischen 450,01 Euro und 850,00 Euro bewegt. Das beitragspflichtige Entgelt (Bemessungsgrundlage) ist mit folgender Formel zu errechnen:

Faktor F x 450 + ([850 / (850 – 450)] – [450 / (850 – 450)] x Faktor F) x (tatsächliches Arbeitsentgelt – 450)

Übergangsbereich ab 01.07.2019

Mit dem RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz wurde für die Zeit ab Juli 2019 die Gleitzone – bzw. neu: der „Übergangsbereich“ – auf einen Entgeltbereich zwischen 450,01 und 1.300,00 Euro ausgeweitet. Dabei blieb allerdings die bisherige Systematik der Gleitzone, welche bei der Berechnung und Tragung der Sozialversicherungsbeiträge angewandt wurde, erhalten.

Folgende Formel kommt zur Berechnung des reduzierten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts ab 01.07.2019 zur Anwendung:

Faktor F x 450 + ([1.300 / (1.300 – 450)] – [450 / (1.300 – 450)] x Faktor F) x (tatsächliches Arbeitsentgelt – 450)

Übergangsbereich ab 01.10.2022

Dadurch, dass zum 01.10.2022 eine geringfügige Beschäftigung vorliegt, wenn das monatliche Arbeitsentgelt 520,00 Euro nicht überschreitet, musste auch der Übergangsbereich angepasst werden. Ab dem 01.10.2022 liegt der Übergangsbereich vor, wenn das Arbeitsentgelt zwischen 520,01 und 1.600,00 Euro monatlich liegt.

Zur Berechnung des reduzierten beitragspflichten Arbeitsentgelts kommt ab 01.10.2022 folgende Formel zur Anwendung:

F x 520 + ([1.600/(1.600 – 520]) – [520/(1.600 – 529] x F) x (Arbeitsentgelt – 520)

Übergangsregelung

Aufgrund der Erhöhung der Midijobgrenze auf bis früher 800,00 Euro auf 850,00 Euro ab 01.01.2013 wurden Übergangsregelungen damals geschaffen. Begann eine Beschäftigung vor dem 01.01.2013, werden die Sozialversicherungsbeiträge auch weiterhin aus dem tatsächlichen Entgelt berechnet, wenn dieses zwischen 800,01 Euro und 850,00 Euro liegt. Dabei kommt auch noch die bisherige Gleitzonenformel (s. oben) zur Anwendung. Die betroffenen Beschäftigten haben allerdings die Möglichkeit, bis längstens 31.12.2014 die Anwendung der ab 01.01.2013 möglichen Gleitzonenberechnung zu betragen. Sofern ein solcher Antrag nicht gestellt wird, erfolgt die Beitragsberechnung weiterhin (unbefristet) nach dem tatsächlichen Entgelt.

Lag das Entgelt in der Zeit vor 01.01.2013 zwischen 400,01 und 450,00 Euro, lag Sozialversicherungspflicht vor. Diese Sozialversicherungspflicht besteht auch über den 31.12.2012 hinaus weiter. Es besteht jedoch die Möglichkeit, sich bis 31.12.2014 von der Sozialversicherungspflicht befreien zu lassen.

Ausnahmen

Bei bestimmten Personenkreisen kommt die Gleitzone bzw. der Übergangsbereich nicht zum Tragen. Und zwar auch dann, wenn das Arbeitsentgelt zwischen 520,01 und 1.600,00 Euro (bis 30.06.2019: zwischen 450,01 Euro und 850,00 Euro bzw. ab 01.07.2019 zwischen 450,01 Euro und 1.300,00 Euro liegt. Damit wird für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge nicht ein Entgelt aus der Gleitzone, sondern das tatsächliche Entgelt herangezogen. Betroffen sind insbesondere folgende Personenkreise:

  • Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind
  • Personen in Wiedereingliederungsmaßnahmen nach einer Arbeitsunfähigkeit
  • Personen in Altersteilzeit
  • Personen, die regelmäßig mehr als 800 Euro monatlich verdienen und deren Entgelt lediglich wegen Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG) oder wegen schlechten Wetters im Baugewerbe Winterausfallgeld (WAG) beziehen.

Auswirkungen auf die Rente

Durch die Anwendung des Übergangsbereichs ergab sich für die Zeit bis Juni 2019 für die betroffenen Arbeitnehmer eine geringere Beitragszahlung zur Gesetzlichen Rentenversicherung. Dies hatte zur Folge, dass auch geringere Rentenanwartschaften aufgebaut wurden und damit die spätere Rente geringer ist. Sollte dies vermieden werden, hatten die Betroffenen die Möglichkeit, auf die Gleitzonenregelung bei der Berechnung der Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung zu verzichten.

Ab dem 01.07.2019 wirkt sich der Übergangsbereich für die betroffenen Arbeitnehmer nicht mehr nachteilig aus. Die Rentenanwartschaften werden (nach § 70 Abs. 1a SGB VI) nicht mehr aus dem berechneten Entgelt des Übergangsbereichs berechnet, sondern aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt.

Für Arbeitnehmer, die bis Juni 2019 auf die Reduzierung der Rentenversicherungsbeiträge verzichtet haben (damit trotz des Gleitzonenjobs keine geringeren Rentenanwartschaften aufgebaut werden), verliert aufgrund der Neuregelungen ab Juli 2019 (s. oben) die bisherige Verzichtserklärung ihre Gültigkeit.