Vollstationäre Pflege

Die Leistungen in der vollstationären Pflege

Ein Anspruch auf eine Pflege in vollstationären Einrichtungen besteht für Pflegebedürftige, wenn die häusliche oder teilstationäre (Tages- oder Nachtpflege) Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des einzelnen Falles nicht in Betracht kommt.

Zu umfangreichen Änderungen in der vollstationären Pflege kam es durch die weitreichende Pflegereform, welche zum 01.01.2017 mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) umgesetzt wurde. Neben der Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der Überleitung von den bisherigen Pflegestufen in die neuen Pflegegrade gibt es im vollstationären Bereich eine komplett neue Vergütungssystematik.

Die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf vollstationäre Pflegeleistungen ist § 43 SGB XI (Elftes Buch Sozialgesetzbuch).

Mögliche Fallkonstellationen

In folgenden Fällen – die hier beispielhaft aufgezählt werden – ist die Pflege in der häuslichen bzw. teilstationären Pflege nicht möglich:

  • Eine Pflegeperson ist nicht vorhanden.
  • Eventuell vorhandene Pflegepersonen erklären sich nicht bereit, die Pflege zu übernehmen.
  • Vorhandene Pflegepersonen sind mit der Pflege überfordert bzw. ist bei diesen eine Überforderung zu erwarten.

Diese Anspruchsvoraussetzungen werden ab dem Jahr 2017 von den Pflegekassen allerdings nicht mehr gesondert geprüft. Bislang wurde das Vorliegen eines Grundes entsprechend abgefragt und ggf. unter Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) überprüft. Die Prüfung der Heimnotwendigkeit ist deshalb entfallen, da den Pflegebedürftigen im ambulanten Bereich höhere Leistungsbeträge zur Verfügung stehen. Wählen Versicherte die vollstationäre Pflege wird bei näherer Betrachtung die Notwendigkeit für diese Leistung sowieso bestätigt werden können.

Höhe der Kostenübernahme

Für die vollstationäre Pflege in zugelassenen Einrichtungen der Altenpflege werden von der zuständigen Pflegekasse (Soziale Pflegeversicherung) die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung übernommen. Darüber hinaus werden mit den Leistungsbeträgen auch evtl. Ausbildungszulagen übernommen.

Ab Januar 2017 sehen die gesetzlichen Vorschriften folgende Leistungsbeträge vor:

Pflegegrad Höhe Leistungsbetrag
Pflegegrad 2: 770,00 Euro
Pflegegrad 3: 1.262,00 Euro
Pflegegrad 4: 1.775,00 Euro
Pflegegrad 5: 2.005,00 Euro

Die genannten Leistungsbeträge überweist die zuständige Pflegekasse mit befreiender Wirkung direkt an die stationäre Pflegeeinrichtung. Der Leistungsbetrag ist immer am 15. für den laufenden Monat fällig.

Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 erhalten (nach § 43 Abs. 3 SGB XI) einen monatlichen Leistungsbetrag in Höhe von 125,00 Euro. Dieser Betrag wird als Zuschuss für die vollstationäre Pflege gewährt. Der Leistungsbetrag wird nicht als Sachleistungsbetrag geleistet, also nicht direkt der vollstationären Einrichtung überwiesen, wie dies in den Pflegegraden 2 bis 5 der Fall ist, sondern im Rahmen der Kostenerstattung gewährt.

Begrenzung des Eigenanteils an pflegebedingten Aufwendungen

Ab dem 01.01.2022 haben Pflegebedürftige in den Pflegegraden 2 bis 5 einen Anspruch auf einen Leistungszuschlag. Dieser Leistungszuschlag wird auf den Eigenanteil der pflegebedingten Aufwendungen und den Ausbildungszuschlag gewährt. Die Höhe des Zuschlags, der prozentual bemessen ist, erhöht sich mit zunehmender Dauer des Bezugs einer vollstationären Pflege.

Folgende Leistungszuschläge sieht die entsprechende Rechtsvorschrift (§ 43c SGB XI) vor. Bei einer vollstationären Pflege:

  • bis einschließlich 12 Monate: 5 Prozent
  • mehr als 12 Monate: 25 Prozent
  • mehr als 24 Monate: 45 Prozent
  • mehr als 24 Monate: 70 Prozent

Bei der bisherigen Bezugsdauer von vollstationärer Pflege werden sämtliche Leistungszeiträume berücksichtigt, unabhängig davon, welche Pflegekasse zuständig war und ob die Leistungszeiträume zusammenhängend oder sich (z. B. aufgrund einer zwischenzeitlichen häuslichen Pflege) auf mehrere Teilzeiträume aufteilen. Ein Monat wird bereits dann als Bezugsmonat einer vollstationären Pflege berücksichtigt, wenn in diesem mindestens ein Tag die vollstationäre Pflege bezogen wurde.

Der Zuschlag wird berechnet, indem die täglichen pflegebedingten Aufwendungen und der Ausbildungszuschlag auf einen Monat hochgerechnet werden. Dies erfolgt durch Multiplikation mit dem Faktor 30,42. Anschließend wird der Leistungsbetrag für die vollstationäre Pflege entsprechend des Pflegegrades in Abzug gebracht. Von diesem verbleibenden Anteil wird der o. g. prozentuale Zuschlag gewährt.

Vergütungszuschläge

Die Pflegekassen leisteten bis Dezember 2016 einen stationären Vergütungszuschlag (nach § 87b SGB XI) für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in der stationären Einrichtung. Dieser Vergütungszuschlag steht auch ab Januar 2017 zur Verfügung und wurde nun in § 43b SGB XI und damit in einer neuen Rechtsgrundlage geregelt.

Versicherte, für die bereits im Dezember 2016 der Vergütungszuschlag geleistet wurde, müssen diesen ab Januar 2017 nicht gesondert beantragen. Von allen Pflegebedürftigen, die ab Januar 2017 die vollstationäre Pflege wählen, muss der Zuschlag für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung beantragt werden. Die Antragsformulare der Pflegekassen sind im Regelfall so ausgelegt, dass neben der vollstationären Pflege der Vergütungszuschlag mit beantragt wird.

Besitzstandsbetrag (für die Jahre 2017 bis 2021)

Durch die Überleitung der bisherigen Pflegestufen auf die neuen Pflegegrade zum 01.01.2017 räumte der Gesetzgeber den Versicherten einen Besitzstand ein, mit dem eine finanzielle Verschlechterung vermieden wird. Jeder Versicherte, der vor Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs – also am 31.12.2016 – vollstationäre Pflegeleistungen erhalten hat, musste ab dem 01.01.2017 keinen höheren pflegerischen Eigenanteil leisten. Sollte dies dennoch der Fall sein, wurde ein Besitzstandsbetrag geleistet, der diese Differenz ausgleicht.

Zur Ermittlung eines eventuellen Besitzstandsbetrages werden die bisherigen pflegebedingten Aufwendungen (aus Dezember 2016) abzüglich dem Leistungsbetrag im Dezember 2016 mit dem neuen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil verglichen.

Da es zum 01.01.2022 mit der Einführung des Zuschlags zu den pflegebedingten Aufwendungen (s. oben) zu einer Leistungsausweitung kam, hat der Besitzstandsbetrag keine Bedeutung mehr. Daher wurde dieser für die Zeit ab 01.01.2022 aufgehoben.

Beispiel:

Ein Pflegebedürftiger wurde vom der Pflegestufe I ab Januar 2017 in den Pflegegrad 2 übergeleitet.

Im Dezember 2016 betrugen die pflegebedingten Aufwendungen inklusive Ausbildungsumlage 2.093,76 Euro. Der Leistungsbetrag in der Pflegestufe I, den die Pflegekasse leisten konnte, betrug 1.064,00 Euro.

Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil beträgt im Januar 2017 1.140,98 Euro (dieser Betrag ist in allen Pflegegraden identisch).

Berechnung:

Im Dezember 2016 musste sich der Pflegebedürftige sich an den pflegebedingten Kosten mit (2.093,76 Euro abzgl. 1.064,00 Euro) 1.029,76 Euro betteiligen.

Da der einrichtungseinheitliche Eigenanteil ab Januar 2017 höher ist, wird ein Besitzstandsbetrag in Höhe von (1.140,98 Euro abzgl. 1.029,76 Euro) 111,22 Euro gewährt.

Sonstiges

Sollte sich ein Pflegebedürftiger in einer vollstationären Einrichtung befinden, welche nicht zugelassen ist, können hierfür von der Pflegekasse keine Leistungen erbracht werden. Jedoch wird die Pflegesachleistung geleistet, sofern die Pflege in der Einrichtung durch einen zugelassenen Pflegedienst erbracht wird. Ansonsten besteht ein Anspruch auf Pflegegeld für die durch den Pflegebedürftigen selbst sichergestellte Pflege.

Sollte es sich um eine zugelassene Pflegeeinrichtung handeln, für die keine vertragliche Pflegevergütung besteht, werden die entstehenden Kosten direkt mit dem Pflegebedürftigen abgerechnet. Die zuständige Pflegekasse kann die pflegebedingten Aufwendungen zu 80 Prozent, maximal in Höhe von 80 Prozent des Leistungshöchstbetrages übernehmen.

Bonuszahlungen

Pflegeeinrichtungen können eine Bonuszahlung geltend machen, wenn ein Pflegebedürftiger aufgrund aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen der Pflegeeinrichtung in einen niedrigeren Pflegegrad kommt oder wenn es zum kompletten Entfall des Pflegegrades kommt. Die Bonuszahlung beträgt einmalig 2.952,00 Euro. Sollte innerhalb von sechs Monaten allerdings wieder eine Höherstufung in einen höheren Pflegegrad erfolgen, muss die Bonuszahlung wieder zurückgezahlt werden.

Die Bonuszahlung kommt nicht für Pflegebedürftige in Betracht, die von einer Pflegestufe zum 01.01.2017 in einen Pflegegrad übergeleitet wurden, da für diese Versicherten ein Besitzstand besteht, der eine Rückstufung ausschließt.

Wissenswertes

Die vollstationäre Pflege wurde erst im Rahmen der Einführung der Pflegeversicherung (2. Stufe) ab dem 01.07.1996 in den Leistungskatalog der gesetzlichen Pflegekassen aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt sahen die gesetzlichen Vorschriften keinerlei Leistungen für die vollstationäre Pflege vor.

Hilfe und Beratung

Für alle Fragen zur Sozialen Pflegeversicherung steht Ihnen die Rentenberatung Helmut Göpfert gerne zur Verfügung.

Hier erhalten Sie Hilfe unter anderem

  • bei der Beantragung von Pflegeleistungen,
  • der Durchsetzung eines Pflegegrades oder die Anerkennung eines höheren Pflegegrades,
  • bei der Überprüfung der Bescheide, welche von der Pflegekasse erstellt wurden,
  • u. s. w.

Der Prozessagent kann Sie auch professionell bei der Durchführung von Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren vertreten.

Stellen Sie hier Ihre Fragen an den Experten oder vereinbaren Sie einen Beratungstermin!

Kontakt zum Rentenberater »

Bildnachweis: © Robert Kneschke

Weitere Artikel zum Thema: