Gericht

Einweisung Blindenstock ist Kassenleistung

Mit Beschluss vom 08.05.2009 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, dass eine Krankenkasse die Kosten für einen Unterricht zur Erlernung lebenspraktischer Fähigkeiten (kurz: LPF-Unterricht) für blinde Versicherte nicht übernehmen muss. Hingegen muss die Einweisung in den Gebrauch eines Blindenstockes von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden.

Hintergrund

Eine Versicherte beantragte bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für einen Unterricht zur Erlernung von lebenspraktischen Fähigkeiten im Umfang von 60 Unterrichtsstunden. Aufgrund einer Glaskörperblutung und einer degenerativen Veränderung der Makula erblindete die Versicherte bereits. Die zuständige Krankenkasse übernahm bereits die Kosten für ein Mobilitätstraining im Umfang von 20 Stunden, lehnte es jedoch ab, die Kosten für die den Unterricht zur Erlernung der lebenspraktischen Fähigkeiten zu übernehmen.

Im Rahmen des LPF-Unterrichts sollte das Markieren, Waschen und Sortieren der Wäsche, das Zubereiten kleinerer Mahlzeiten, das Kochen auf zwei Herdplatten, das Erlernen systematischer Ordnungsprinzipien, das Ausführen kleinerer Reparaturen und das Bügeln erlernt werden. Als Begründung ihrer Ablehnung brachte die Krankenkasse hervor, dass ein Unterricht zur Erlernung lebenspraktischer Fähigkeiten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind und daher nicht in den Zuständigkeitsbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung fallen.

Die Versicherte wandte sich aufgrund der Ablehnung an das zuständige Sozialgericht, um die Kosten im Rahmen einer einstweiligen Verfügung geltend zu machen. Nachdem seitens des Sozialgerichts der Antrag auf die einstweilige Verfügung abgelehnt wurde, musste das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen über den Fall entscheiden.

Beschluss des Landessozialgerichts

Auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen verneinte mit Beschluss vom 08.05.2009 (Az. L 5 B 5/09 KR ER) einen Leistungsanspruch für den LPF-Unterricht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung.

In seinem Beschluss vom 08.05.2009 führte das Landessozialgericht aus, dass gegenüber der Krankenkasse ein Anspruch auf Gewährung von Hilfsmitteln besteht. Dabei muss es sich um Gegenstände handeln, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Aufgrund dieses Leistungsanspruchs hat die blinde Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit einem Blindenstock. Der Anspruch auf den Blindenstock umfasst dabei auch die Einweisung in dessen Gebrauch. Darüber hinausgehende Maßnahmen, wie beispielsweise eine blindentechnische Grundausbildung, sieht der Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht vor. Der Verpflichtung, der blinden Versicherten die Kosten für die Einweisung in die Handhabung des Blindenstocks zu gewähren, ist die Krankenkasse bereits dahingehend nachgekommen, dass sie ein Mobilitätstraining übernommen hatte.

Die Versicherte führte zur Begründung ihres Antrags noch aus, dass die Spitzenverbände der Krankenkasse empfohlen haben, für blinde und sehbehinderte Menschen ein medizinisches Basistraining zu übernehmen. Dieses Basistraining wird im Einzelfall übernommen, wenn dieses von Rehabilitationslehrern für Blinde und sehbehinderte Menschen durchgeführt wird; dabei muss das Training mit der sensomotisch-perzeptiven Behandlung nach den Heilmittel-Richtlinien vergleichbar sein. Das Landessozialgericht führte diesbezüglich aus, dass Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und auch Besprechungsergebnisse keine gesetzliche Zuordnungen bzw. Leistungsinhalte übergehen. Das bedeutet, dass Empfehlungen bzw. Besprechungsergebnisse keine gesetzliche Grundlage bilden können. Zudem lag bei der Versicherten keine ärztliche Verordnung für den begehrten LPF-Unterricht vor. Auch ist fraglich, ob sich der LPF-Unterricht überhaupt unter die Empfehlung der Spitzenverbände subsumieren lässt.

Fazit

Die Gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Ausstattung mit Hilfsmitteln einschließlich der Einweisung in deren Gebrauch. Ein blinder Versicherter erhält daher grundsätzlich von seiner Krankenkasse einen Blindenlangstock. Weitere Maßnahmen zur Erlernung lebenspraktischer Fähigkeiten fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der gesetzlichen Krankenkassen. Vielmehr handelt es sich bei einem LPF-Unterricht um Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Diese sind insbesondere durch die Träger der Sozialhilfe zu erbringen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt werden.

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