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Lücke in AU-Bescheinigung, kein durchgehender Krankengeldanspruch

Bei einer Lücke in der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit besteht kein Anspruch auf Krankengeld (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 13.02.2013, L 9 KR 259/10).

Da die Zahlung von Krankengeld immer abschnittsweise durchgeführt wird, ist durch die Krankenkassen für jeden einzelnen Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen ob die leistungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Krankenkasse wird allerdings nur die erneute Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Anlass nehmen um über die weiteren rechtlichen Voraussetzungen eines Krankengeld-Anspruches und sogar über das, evtl. auch vorläufige, Ende der Krankengeldbezugszeit zu entscheiden. Bringt der Versicherte keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, so endet der Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich mit dem Ende der letzten vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Hier ist auch kein entsprechender Entziehungsbescheid erforderlich.

Die näheren Umstände

Im vorliegenden Fall gab es Differenzen bei einem Zeitraum zur Bewilligung von Krankengeld. Geklagt hatte eine freischaffende Fotografin die bei ihrer Krankenkasse ab dem 01.01.2009 den Krankengeldtarif KGS22 gewählt hatte. In der Zeit vom 20.09.2008 bis einschließlich 19.03.2010 lag bei der Klägerin Arbeitsunfähigkeit vor, wobei der Krankenkasse alle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit Ausnahme des 18.08.2009 und des 03.11.2009 vorgelegt wurden. Aufgrund ihres versicherten Wahltarifes war die Frau der Meinung Krankengeldanspruch zu haben und beantragte dieses zu Beginn des Jahres 2009 und zwar ab dem 01.01.2009 wegen der bei ihr ab 20.09.2008 durchgehend vorliegenden Arbeitsunfähigkeit.

Die Krankenkasse lehnte den Antrag der Versicherten jedoch ab, mit der Begründung dass ein Anspruch nach dem Wahltarif nur für Arbeitsunfähigkeiten bestehe, die nach dem Beginn der Teilnahme am Wahltarif aufgetreten seien. Die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin hatte bereits vor dem Beginn des Wahltarifes (01.01.2009) bestanden, weshalb die Kasse den Anspruch ablehnte. Ein eingereichter Widerspruch und eine Klage führten nicht zum Erfolg für die Versicherte.

Das Sozialgericht war der Meinung, dass der Umfang des Krankenversicherungsschutzes zu Beginn einer Erkrankung maßgebend für das Zustandekommen eines Krankengeldanspruches sei. Da bei der Klägerin der Wahltarif erst am 01.01.2009 zu Stande kam und zu diesem Zeitpunkt bereits Arbeitsunfähigkeit bestand (ab 20.09.2008) hatte zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit eindeutig kein Krankengeldanspruch bestanden. Außerdem war die Arbeitsunfähigkeit als durchgehend zu betrachten, weshalb ab 01.01.2009 dann auch kein Krankengeldanspruch entstehen konnte. Da die Versicherte mit dieser Entscheidung nicht einverstanden war legte sie gegen das Urteil Berufung ein.

Ausführliches zur Entscheidung

Das Landessozialgericht führte aus, dass Versicherte gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld haben, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht und billigten der Klägerin einen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 03.02.2009 bis 17.08.2009, vom 09.09.2009 und vom 25.11.2009 bis 19.03.2010 zu. Es stünde außer Frage, dass die Klägerin während des gesamten Zeitraumes, außer der Tage 18.08.2009 und 03.11.2009 arbeitsunfähig gewesen war. Die Richter waren der Auffassung, dass die Beklagte nicht verlangen könne, dass der bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit (September 2008) geltende Bewertungsmaßstab für den nicht bestehenden Krankengeldanspruch unverändert auch über den 01.01.2009 hinaus weiterhin rechtliche Gültigkeit haben muss.

Da der Anspruch auf Krankengeld sich grundsätzlich auf die vorherige ärztliche Feststellung stütze, sind bei einer abschnittsweisen Krankengeldzahlung nach jedem Bewilligungsanschnitt die rechtlichen Voraussetzungen für einen weiteren Krankengeldanspruch neu zu prüfen. Durch die AU-Richtlinien wird hier genau festgelegt, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für Krankengeldbezieher auf der hierfür vorgesehenen „Bescheinigung für die Krankengeldzahlung“ erfolgen muss. Sie darf im Normalfall nur für nicht mehr als sieben Tagen rückwirkend und nicht mehr als zwei Tage im Voraus ausgestellt werden. Ein längerer Zeitraum darf nur dann bescheinigt werden, wenn es aufgrund der vorliegenden Erkrankung oder eines besonderen Krankheitsverlaufes gerechtfertigt erscheint. Auf Grund dieser durch den Vertragsarzt ausgestellten Bescheinigung wird dann das Krankengeld durch die Krankenkasse entsprechend abschnittsweise ausgezahlt. Das Bundesverwaltungsgericht ist hierzu der Meinung, dass in solchen Fällen regelmäßig eine Entscheidung und somit auch ein Verwaltungsakt der Kasse vorliegt, da dem Versicherten ein zeitlich befristeter Anspruch auf Krankengeld aufgrund der vom Arzt ausgestellten Bescheinigung zugebilligt werde. Der Versicherte kann auch davon ausgehen, dass er einen Anspruch auf Krankengeld hat, wenn ihm die Krankenkasse für die bescheinigte Zeit Krankengeld zahlt und ihm gegenüber keine anderweitige Erklärung abgibt. Dies hat aber auch unbedingt zur Folge, dass mit der Bewilligung von Krankengeld auch über das – eventuell vorläufige – Ende der Krankengeld-Bezugszeit entschieden wird. Wenn der Versicherte dann keine weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einreicht, so endet der Anspruch auf Krankengeld mit dem Ende der zuvor bescheinigten Zeit. Es ist nicht erforderlich, dass die Krankenkasse einen entsprechenden Entziehungsbescheid erstellt.

Praxis-Tipp

Der Umfang des Versicherungsfalles wird in Anlehnung an das SGB V aus dem jeweils tatsächlich bestehenden Versicherungsverhältnis abgeleitet, weshalb seit dem 01.01.1989 der „Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalles“ nicht auf das SGB V anwendbar ist. Das hat für die Gewährung des Krankengeldes jeweils für Abschnitte zur Folge, dass der entsprechende Anspruch nach jedem Bewilligungsabschnitt neu überprüft werden muss. Damit dies erfolgen kann, muss immer eine vorherige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgen, wobei diese im Normallfall nicht mehr als sieben Tage rückwirkend und mehr als zwei Tage im Voraus erfolgen soll. Bescheinigungen für längere Zeiträume dürfen nur unter besonderen Umständen erfolgen. Werden vom Versicherten keine weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, endet der Anspruch auf Krankengeld automatisch mit dem Ablauf der letzten Bescheinigung. Wird eine weitere Bescheinigung vorgelegt, entsteht ein weiterer Anspruch auf Krankengeld erst wieder von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Bescheinigung folgt. Dies hat zur Folge, dass bereits bei einer eintägigen Lücke (Zwischenraum) in der Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf Krankengeld entfällt, da der Bewilligungszeitraum beendet war. Wichtig ist hier auch, dass die Zeiten für den Beginn des Leistungsanspruches des jeweiligen Tarifes zu beachten sind, wenn weitere zusammenhängende Arbeitsunfähigkeiten vorliegen.

Autor: Klaus Meininger

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